Ifo-Geschäftsklimaindex : „Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels“
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Trotz Lichtblick: Die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen bewertet ihre aktuelle Lage weiterhin schlecht. Bild: dpa
Nach dem scharfen Einbruch in der Corona-Krise hat sich die Stimmung der deutschen Unternehmen deutlich verbessert. Die Zeit für überschwänglichen Optimismus ist aber noch nicht gekommen.
Die Erholung der deutschen Wirtschaft nimmt Fahrt auf. Der Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte im Juni auf 86,2 Punkte nach 79,7 Punkten im Mai. Damit setzt sich die Gegenbewegung nach dem dramatischen Einbruch infolge der Corona-Krise weiter fort. Im April war die Stimmung der deutschen Unternehmen auf ein historisches Tief von 74,3 Punkte gefallen. Das Barometer, das auf der monatlichen Befragung von rund 9000 Unternehmen hierzulande beruht, ist ein wichtiger Indikator für die Stimmung der deutschen Wirtschaft.
Der kräftige Anstieg im Juni ist vor allem auf den deutlich optimistischeren Blick der Unternehmen in die Zukunft zurückzuführen. Der entsprechende Index legte um 10,9 Punkte auf 91,4 Punkte zu. Doch auch ihre gegenwärtige Lage bewerteten die Unternehmen positiver als zuvor. „Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels“, kommentierte der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest die Zahlen.
Trotz Verbesserung stuft die große Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen ihre aktuelle Lage aber weiterhin als schlecht ein. Gleiches gilt für die Erwartungen der Unternehmen aus dem Handel: Viele von ihnen rechnen nach wie vor mit einer schlechten Entwicklung ihrer Geschäfte im kommenden halben Jahr. Insgesamt ist die Stimmung der Einzelhändler weniger pessimistisch als die der Großhändler.
Der am Dienstag vom Londoner Markit-Institut veröffentlichte Einkaufmanagerindex deutet ebenfalls auf eine Erholung der deutschen Unternehmen hin. Er stieg von 32,2 Zählern im Mai auf 45,8 Punkte und nährt sich damit wieder der 50-Punkte-Marke an, die Wachstum signalisiert.
Das Vorkrisenniveau wird erst 2022 wieder erreicht
Doch Ökonomen warnen davor, aus den Zahlen des Ifo-Geschäftsklimaindex einen kräftigen V-förmigen Aufschwung abzuleiten. Die starke Erholung sei vielmehr eine reflexartige Reaktion auf die beispiellosen Einbrüche im März und April, sagte Jörg Krämer, Chefsvolkswirt der Commerzbank. „In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Aufwärtsbewegung verlangsamen“. Ein Wurzelzeichen beschreibe das Konjunkturbild daher besser als ein V.
Auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sieht keinen Grund für überschwänglichen Optimismus. Am Mittwoch in einer Online-Veranstaltung sagte er, die schrittweise Öffnung der Wirtschaft mache zwar kurzfristig bedeutende Wachstumsfortschritte möglich. Doch wegen der extremen Tiefe des Konjunktureinbruchs in der Pandemie werde es noch geraume Zeit dauern, bis das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht werde. Inzwischen rechnen die meisten Ökonomen damit, dass dies frühestens Anfang 2022 der Fall sein wird.
Die Wirtschaftsweisen gehen in ihrer am Dienstag veröffentlichten Konjunkturprognose davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 10 bis 11 Prozent einbrechen wird. Für das Gesamtjahr erwarten sie einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 6,9 Prozent bevor die Wirtschaftskraft 2021 wieder um 4,9 Prozent zulegen dürfte.