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Ifo-Geschäftsklimaindex steigt : Es geht wieder aufwärts

Container-Verladung im Hamburger Hafen Bild: dpa

Die deutsche Wirtschaft steckt tief in der Krise – scheint ihren Tiefpunkt aber überwunden zu haben. Optimismus wäre dennoch verfrüht, sagen Ökonomen.

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          Die deutsche Wirtschaft scheint ihren konjunkturellen Tiefpunkt in der Corona-Krise überwunden zu haben. Nachdem der Ifo-Geschäftsklimaindex zwei Monate infolge deutlich gefallen war und im April mit 74,3 Zählern gar ein historisches Tief erreicht hatte, stieg das Barometer im Mai wieder und erreichte 79,5 Punkte.

          Niklas Záboji
          Wirtschaftskorrespondent in Paris

          Das teilte das Münchner Ifo-Institut am Montag mit. Der Index beruht auf der monatlichen Befragung von rund 9000 deutschen Unternehmen aller Branchen und gilt als wichtigster Stimmungsindikator für das hiesige Geschäftsklima. „Die ersten Lockerungen sorgen für einen Hoffnungsschimmer“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Stimmung habe sich nach den katastrophalen Vormonaten etwas erholt. Allzu großen Optimismus will Fuest aber nicht verbreiten.

          Und tatsächlich speist sich der Anstieg des Barometers aus positiven Erwartungen an die Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten. Diese Erwartungen stiegen merklich. Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilten die Unternehmen dagegen weiterhin sehr schlecht und noch etwas schlechter als im April. Mit 79,5 Punkten liegt der Ifo-Index auch nach wie vor deutlich unter dem langjährigen Mittel und unter den 85,9 Punkten von März.

          „Ein erstes Aufatmen“

          Gestiegen sind die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung laut der Befragung in allen Branchen. Für die Geschäftslage gibt es Unterschiede zwischen den Branchen: So schätzten Handel und Dienstleistungsbranche diese etwas besser ein als im April. In der Industrie lässt die Trendwende hingegen weiter auf sich warten, auch wenn es im Mai nicht mehr ganz so steil abwärts ging wie zuvor.

          Andere Ökonomen reagierten auf die Geschäftsklimazahlen ähnlich verhalten optimistisch wie Fuest. Der Weg aus dem Corona-Tal hinaus sei noch lang und werde nur dann reibungslos verlaufen, wenn die weiter notwendigen Hygieneauflagen eingehalten werden, sagte die KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Die Unternehmen zeigten wieder Lebenszeichen, doch von Vitalität könne keine Rede sein, ergänzte Thomas Gitzel von der VP Bank. Die deutsche Wirtschaft werde nicht so schnell auf den Wachstumspfad einschwenken, auf dem sie sich in den vergangenen Jahren befand.

          So sei aus der Corona-Krise ein immenser Vertrauensverlust erwachsen und wüssten Unternehmen und private Haushalte nicht, wie es in den kommenden Monaten weitergeht. „Es wird noch lange Zeit dauern, ehe die deutsche Volkswirtschaft wieder einigermassen gut getaktet läuft“, sagte Gitzel. „Ein erstes Aufatmen“, kommentierten die Ökonomen der Commerzbank. Doch die steigende Arbeitslosigkeit und die hohe Verschuldung der Unternehmen sprächen gegen eine „V“-förmige Wirtschaftsentwicklung, also einen ähnlich ausgeprägten Aufschwung wie Absturz.

          Ein Besorgnis erregendes Tempo

          Vergleichbare Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Index deuten ebenfalls darauf hin, dass die coronabedingte Talfahrt der deutschen Wirtschaft überwunden sein dürfte. Der Geschäftsklimaindex des Londoner Markit-Instituts etwa stieg im Mai von 17,4 auf 31,4 Zähler; unterhalb der 50-Punkte-Schwelle signalisiert das Barometer ein Schrumpfen, oberhalb eine Zunahme der Wirtschaftsleistung. Trotz dieser Zunahme sehen aber auch die Markit-Ökonomen wenig Grund zur Entwarnung.

          Die Rückkehr zu ‚Business as usual’ und ein neuerlicher Aufschwung seien noch in weiter Ferne, kommentierte Chefvolkswirt Phil Smith. Dass sowohl Industrie als auch Dienstleister abermals signifikante Geschäftseinbußen erlitten, mache „jegliche Hoffnung auf einen schnellen Aufschwung der deutschen Wirtschaft nach der Lockerung der Ausgangssperren und Restriktionen zunichte“. Da die Nachfrage auch noch für einige Zeit schwach ausfallen dürfte, sinke die Beschäftigung in Besorgnis erregendem Tempo. Das Ausmaß des Stellenabbaus hält Smith dabei für die größte Gefahr für den längerfristigen Ausblick.

          Im ersten Quartal dieses Jahres ist die deutsche Wirtschaftsleistung nach Zahlen des Statistischen Bundesamt um 2,2 Prozent geschrumpft. Das teilte die Wiesbadener Behörde am Montagfrüh mit und bestätigte damit ihre erste Schnellschätzung von Mitte Mai. Da die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aber erst im dritten Quartalsmonat März verhängt worden waren, spiegelt sich die Krise in diesen Zahlen nur bedingt wider.

          Ökonomen rechnen mit einer deutlich stärkeren Schrumpfung der Wirtschaftsleistung im Anfang April begonnenen zweiten Quartal – und auf das Gesamtjahr betrachtet mit dem stärksten Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Spanne der Prognosen reicht von rund minus 6 Prozent (Bundesregierung, KfW) bis 9 Prozent (Goldman Sachs, Deutsche Bank). Offen bleibt unter anderem, wann auch in anderen Ländern die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie weiter gelockert werden und wann die Weltwirtschaft wieder wächst.

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