Hoher Schuldenstand : Monti: Italien ist selbst schuld
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Montis Sparpaket: Rentenreform, Streichung von Steuererleichterungen, Mehrwertsteuererhöhung Bild: AFP
30 Milliarden Euro soll das italienische Sparpakte in den kommenden drei Jahren bringen. Kräftige Einschnitte gibt es bei den Renten. Für Luxusobjekte wurden die Steuerregelungen geändert.
Italiens neue Regierung hat nach nur 17 Tagen im Amt ein erstes Spar- und Reformpaket beschlossen, das in den kommenden drei Jahren zusätzliche Einnahmen oder Einsparungen von insgesamt 30 Milliarden Euro bringen soll, zugleich aber wieder 10 Milliarden Euro vor allem für die Senkung indirekter Lohnkosten ausgibt.

Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland mit Sitz in Rom.
Bei der Vorstellung des Gesetzespakets wandte sich Ministerpräsident Mario Monti gegen jegliche Anspielung darauf, dass die Reformen und Sparmaßnahmen von außen vorgegeben seien, etwa durch den Brief der Notenbankgouverneure Jean-Claude Trichet und Mario Draghi. Was von Außenstehenden an Reformen für Italien vorgeschlagen worden sei, das hätten schon vorher auch italienische Fachleute diskutiert. Er werde nie die Schuld für Reformen auf Europa schieben, sagte Monti.
Lieber wolle er persönlich den Ärger der Italiener auf sich nehmen, damit die europäischen Institutionen nicht belastet würden. Für ihren hohen Schuldenstand seien schließlich die Italiener selbst verantwortlich, weil sie immer nur kurzsichtig gewesen seien und nicht an die kommenden Generationen gedacht hätten. Ohne Reformen und Sparmaßnahmen riskiere Italien, genauso zu enden wie Griechenland, sagte Monti. Das neue Spar- und Reformpaket folgt auf zwei Anläufe der früheren Regierung und kleine Reformansätze im verabschiedeten Haushaltsgesetz für 2012.
Monti hat nun, wie in einem Teil der Ausgabe vom Montag berichtet, einschneidende Reformen für die italienischen Renten beschlossen, zugleich auch neue oder zusätzliche Steuern auf Immobilien und Luxusobjekte. Gleichzeitig sollen die Unternehmen bei der italienischen Gewerbesteuer entlastet werden, die auch von der Zahl der Mitarbeiter abhängt und damit als Teil der indirekten Lohnkosten angesehen wird.
Sozialausgaben bisher größtenteils für Renten
Die neuen Regeln für die Renten sollen nach den Worten Montis nicht nur Ausgaben sparen, sondern auch grundsätzliche Strukturreformen sein; schließlich habe Italien bisher im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern den allergrößten Teil der Sozialausgaben nur für die Renten verwendet. Die bisherigen Frührenten, mit denen auch im letzten Jahr noch Millionen von Italienern im Alter von 58 oder 59 Jahren in den Ruhestand gehen durften und mit gut 80 Prozent des letzten Gehalts versorgt wurden, sind in ihrer alten Form abgeschafft worden.
Nunmehr müssen Männer mindestens 42 Beitragsjahre, Frauen 41 Beitragsjahre vorweisen, um in Rente gehen zu dürfen. Wenn sie aber vor dem offiziellen Rentenalter – nunmehr 66 Jahre für Männer und 62 Jahre für Frauen (bis 2018 ebenfalls 66 Jahre) in den Ruhestand gehen, müssen die Italiener erstmals Abschläge hinnehmen. Zudem wird die Rentenberechnung geändert. Bisher kamen die älteren Italiener in den Genuss einer rein gehaltsbezogenen Rente (etwa 2 Prozent des letzten Gehalts je Beitragsjahr), künftig werden sich alle Renten – wie schon diejenigen der jüngeren Italiener – nach den gesamten Rentenbeiträgen im Lauf des Arbeitslebens richten.
Gewerkschaften: Reformen sind unannehmbar
Schließlich wird die Anpassung der italienischen Renten an die Inflation (außer bei den niedrigsten Renten) für zwei Jahre ausgesetzt. Die Gewerkschaften bezeichneten die Reformen als unannehmbar, Ministerpräsident Monti verteidigte sie als ein Stück europäischer Gleichstellung.
Um die Steuereinnahmen zu erhöhen und um die früheren Oppositionsparteien Mitte-Links zu besänftigen, hat die Regierung versucht, die vermögenden Italiener mit Abgaben auf Immobilien und Luxusobjekte zu treffen. Während bisher 80 Prozent aller Häuser und Wohnungen als „Erstwohnsitz“ von der Grundsteuer ausgenommen waren, muss diese nun für alle Immobilien bezahlt werden.
Keine Erhöhung des Spitzensteuersatzes
Aus sozialen Gründen gibt es einen kleinen Steuerabzug, zugleich gibt es höhere Steuern für Ferienhäuser. Für Autos mit mehr als 170 Kilowatt Leistung gibt es Sondersteuern, für die Liegeplätze von Yachten tägliche Abgaben. Wer unter der Regierung Berlusconi an der Amnestie für Schwarzgeld teilgenommen hat, muss noch einmal 1,5 Prozent der deklarierten Summe abgeben.
Von einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes habe die Regierung abgesehen, sagte Monti, denn damit hätte man nur die größten Zahler unter den steuerehrlichen Italienern getroffen. Monti verwahrte sich gegen den Vorwurf, er treibe Italien noch tiefer in die Krise. Die Rettung des Landes sei wichtiger gewesen. Außerdem werde oft nicht berücksichtigt, dass sinkende Zinsen auch Konjunkturimpulse darstellten.