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Not-Telefonkonferenz angesetzt : EZB fürchtet Ansturm auf griechische Banken

  • Aktualisiert am

Schon gestern gingen offenbar viele Griechen zum Geldautomaten. Wie viele werden es heute sein? Bild: Picture-Alliance

Die Angst vor einem Ansturm auf die Banken wächst: Gestern sollen die Griechen eine Milliarde Euro von den Konten geräumt haben. Nun berät die EZB in einer Not-Telefonkonferenz. Regierungschef Tsipras verbreitet indes Optimismus. 

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          Die Furcht, dass Griechenlands Banken womöglich am Montag nicht mehr öffnen können, bekommt neue Nahrung: Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat Insidern zufolge für den heutigen Freitag eine Telefonkonferenz angesetzt, in der sie über eine Aufstockung der Nothilfen für Griechenlands Banken beraten will. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert zwei mit dem Vorgang vertraute Personen, die berichtet haben sollen, dass ein entsprechender Beschluss schon am Donnerstag gefällt wurde, nachdem die EU-Finanzminister keine Einigung in der Schuldenkrise erzielt hatten.

          Gerüchten zufolge ist sich die EZB wegen des anhaltenden Abflusses von Kundengeldern inzwischen nicht mehr sicher, ob die griechischen Banken am Montag noch öffnen können. Während der Sitzung der Euro-Finanzminister in Luxemburg jedenfalls, soll Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem das EZB-Direktoriumsmiglied Benoit Coeuré gefragt haben, ob die griechischen Banken am Freitag öffnen könnten. Coeuré habe geantwortet: „Morgen ja. Montag - ich weiß es nicht“, so berichten Agenturen. Ein EZB-Sprecher wollte die Meldung gegenüber FAZ.NET nicht kommentieren.

          Griechischen Bankenkreisen zufolge zogen die Kunden allein in den ersten drei Tagen der Woche rund 2 Milliarden Euro ab, am gestrigen Donnerstag sollen es weitere 1,2 Milliarden Euro gewesen sein, schreibt die konservative griechische Zeitung „Kathimerini“. Die griechische Zentralbank habe bei der EZB eine zusätzliche Not-Liquiditätshilfe von 3,5 Milliarden Euro erbeten.

          Finanzkrise : Griechen räumen ihre Konten leer

          Manche Beobachter spekulieren nun schon, dass die vielen Gerüchte über mögliche Liquiditätsprobleme der Banken ausreichen könnten, um die Menschen in Griechenland so weit zu verunsichern, dass sie schon am heutigen Freitag die Geldautomaten aufsuchen. FAZ.NET-Mitarbeiterin Alexia Angelopoulou in Griechenland berichtet hingegen von Bankbesuchen, bei denen sehr entspannte Stimmung geherrscht habe. „Da war es so ruhig, dass mir klar wurde: Die haben ihr Geld schon längst runtergeholt.“

          Erst am Mittwoch hatte die EZB die Obergrenze für Liquiditätshilfen der Athener Notenbank für die Geldhäuser des Landes um 1,1 Milliarden Euro auf 84,1 Milliarden Euro angehoben, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Finanzkreise berichtet. Die Banken von Athen bis Tessaloniki sind in großem Umfang auf diese Geldspritzen angewiesen, die im Fachjargon „ELA“ (emergency liquidity assistance) genannt werden.

          Nachdem die Euro-Finanzminister mit ihren Einigungsversuchen zur Griechenlandkrise am Donnerstag gescheitert waren, äußerte sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gleichwohl optimistisch, dass es für Griechenland in der Schuldenkrise eine Lösung innerhalb des Euro gibt. Nach den Gesprächen am Donnerstagabend hatten die Finanzminister die Angelegenheit nun eine Etage höher gereicht: Am Montagabend treffen sich die Staats- und Regierungschefs zu weiteren Gesprächen in Brüssel. „Der Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Montag ist eine positive Entwicklung auf dem Weg zu einer Einigung“, erklärte Tsipras am Freitag. All denjenigen, die auf eine Krise und „Terror-Szenarien“ wetteten, werde das Gegenteil bewiesen werden. Tsipras betonte, die Lösung werde EU-Recht respektieren und es Griechenland erlauben, innerhalb des Euro zu Wachstum zurückzukehren.

          Die Zeit für eine Einigung drängt. Am 30. Juni läuft das aktuelle Hilfsprogramm aus, alleine an diesem Tag muss das klamme Griechenland rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds tilgen.

          Der Optimismus von Tsipras scheint auch deshalb gewagt, weil sein Finanzminister Giannis Varoufakis jüngst deutlich gemacht hat, dass die griechische Seite weiterhin wenig verhandlungsbereit ist. Dass keine wirklich neuen Zugeständnisse auf dem Tisch liegen, zeigt ein Blogbeitrag, den Varoufakis im Internet veröffentlicht hat, in dem er seine Rede vor den Finanzministern am Donnerstagabend offenlegt. Dort betont er zwar die Notwendigkeit einer Einigung und schreibt, es sei eine Stunde vor 12, bevor „unkontrollierbare Ereignisse“ geschehen würden. Doch beschränken sich seine Vorschläge weitgehend auf schon bekannte Positionen: Eine Schuldenbremse, ein Schuldenrückzahlungsplan, der neue Kredite für Griechenland beinhaltet, und ein Investitionsprogramm für die griechische Wirtschaft.

          Athen in Not : Sondergipfel soll Griechenland-Krise lösen

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