Griechenland : 200 Kommunisten besetzen das Finanzministerium
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Ein Mitglied der kommunistischen Gewerkschaft PAME schreibt „NO“. Seine Genossen blockieren den Eingang des Athener Finanzministeriums. Bild: AFP
Nun regt sich auch öffentlicher Widerstand gegen die Sparpläne der Linksregierung in Athen. Gewerkschaftsmitglieder besetzen das Finanzministerium. Und stellen Ministerpräsident Tsipras schon in eine Reihe mit seinen Amtsvorgängern.
Im Ausland ist der Eindruck weit verbreitet, die Syriza-Linksregierung in Athen verweigere sich harten Reformen und Einsparungen, wie sie etwa von Seiten der internationalen Geldgeber verlangt werden. Immer noch, nun schon seit Monaten, dauert der aktuelle Schuldenstreit an. In Griechenland selbst erwarten immer mehr Menschen, dass auch die im Januar angetretene Regierung unter dem Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in irgendeiner Form den Sparkurs fortsetzen wird.
Ein Beispiel dafür sind rund 200 Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME, die an diesem Donnerstagmorgen das Finanzministerium in Athen besetzt haben. Wie das griechische Fernsehen zeigte, hängten die Besetzer ein Transparent an die Fassade des Gebäudes. „Wir haben genug geblutet! Wir haben genug gezahlt!“, steht dort geschrieben. Dass sie sich auch gegen die Sparpolitik der amtierenden Regierung wenden, ist darauf ebenfalls ersichtlich: Alexis Tsipras, der im Januar an die Macht gelangte, ist in einer Reihe abgebildet mit seinen Vorgängern Georgios Papandreou und dem infolge des Syriza-Wahlsieges ausgeschiedenen konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras.
Die Polizei griff zunächst offenbar nicht ein. An diesem Donnerstagnachmittag wollen Staatsbedienstete gegen weitere Sparpläne demonstrieren.
Staatsrundfunk wieder auf Sendung
Am Mittwochabend war der griechische Regierungschef Tsipras abermals mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten François Hollande in Brüssel zusammengetroffen Das Gespräch sei konstruktiv gewesen und habe in „sehr guter Atmosphäre“ stattgefunden, hieß es anschließend. Davor und danach dominierten wieder optimistischere Töne, nach denen sich beide Seiten rechtzeitig einigen würden. Auch einzelne prominentere Syriza-Politiker signalisierten nun öffentlich, dass ein weiteres Memorandum (also ein mit den Gläubigern abgestimmtes Sparprogramm) implementiert werde.
In griechischen Zeitung wird das jüngste Treffen zwischen Merkel, Hollande und Tsipras in Richtung einer sich nähernden Einigung gedeutet. „Fenster für eine Einigung“ offen, titelt beispielsweise die Zeitung der politischen Mitte, „Ta Nea“. Plötzlich lächelten alle wieder in Brüssel, konstatierte das Blatt nach den mehrstündigen Verhandlungen.
Schuldenkrise : Merkel ermahnt Griechenland
Zuvor hätten Athen und seine Gläubiger „einen Schritt vor dem Bruch“ gestanden, meint die Traditionszeitung „Kathimerini“. „Vom Bruch zur Verlängerung der Agonie (Todeskampf)“, titelt das Blatt. Die konservative Zeitung „Eleftheros Typos“ schreibt: „Die Geburtswehen eines neuen Sparprogramms“ hätten begonnen. In der Zeitung „Angeliaforos“, die in der Hafenstadt Thessaloniki erscheint, liest man hingegen, in Sachen Griechenland-Rettung stehe noch alles „auf Messers Schneide“.
Nicht klar ist bislang, wie sich ein nun ergangenes Urteil des Verwaltungsgerichtshofes in Athen auswirken wird, nach dem die im Rahmen des Sparprogramms vor drei Jahren verhängten Rentenkürzungen verfassungswidrig seien und zurückgenommen werden müssten. Der Richterspruch betrifft allerdings nicht die Pensionen von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst. Schätzungen nach könnte der griechische Staat infolgedessen womöglich jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro mehr aufbringen müssen.
Unterdessen ging genau zwei Jahre nach seiner Schließung der griechische Staatssender ERT am Morgen wieder auf Sendung. Tsipras erfüllte damit ein Wahlversprechen. Die im Januar abgewählte Regierung hatte ERT im Jahr 2013 geschlossen und durch einen kleineren Sender ersetzt. Damals wurden alle 2600 Mitarbeiter entlassen. Wer wollte, wurde nun wieder eingestellt. Finanziert wird der neue Staatsrundfunk mit einer Gebühr von drei Euro pro Haushalt und Monat.