Verhandlungen mit Griechenland : IWF lehnt griechische Reformpläne offenbar ab
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IWF-Chefin Christine Lagarde Bild: AFP
Zum dritten Mal binnen einer Woche beraten heute die Euro-Finanzminister über griechische Sparpläne. Die griechischen Vorschläge spalten laut Medienberichten die Geldgeber. Der IWF ist demnach für weniger Nachgiebigkeit gegenüber Tsipras.
Nach einer monatelangen Hängepartie wollen sich die Euro-Finanzminister heute Abend auf ein Spar- und Reformpaket für Griechenland einigen. Die 19 Ressortchefs der Euro-Staaten treffen sich in Brüssel, um „die Details des griechischen Reformplans zu finalisieren“, hieß es in der Ankündigung. Ein Kompromiss soll die weitere finanzielle Unterstützung Griechenlands ermöglichen, sofern die griechische Regierung ausreichend verlangte Reformen zusagt.
Die Vorschläge Griechenlands werden von den Geldgebern offenbar noch unterschiedlich bewertet. Der IWF wirft laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ der EU vor, sie sei zu nachgiebig gegenüber Griechenland. Außerdem sei der IWF verärgert, dass die Kommission mit einer positiven Bewertung der Vorschläge vorgeprescht sei, berichtet das „Handelsblatt“. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte das schon beim Gipfel am Montag kritisiert.
Tsipras kritisiert „befremdliche Haltung“ des IWF
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat laut Athener Regierungskreisen am Mittwoch scharfe Kritik an "bestimmten" Gläubigern geäußert. Dem Regierungsvertreter zufolge sprach Tsipras von einem beispiellosen Vorgang. Ähnliches habe es auch in den Rettungsverhandlungen mit Irland und Portugal nicht gegeben. „Diese befremdliche Haltung kann nur eines von beiden bedeuten: Entweder wollen sie keine Einigung - oder sie dienen speziellen Interessen in Griechenland“, wurde Tsipras zitiert. Die Äußerungen fielen dem Regierungsvertreter zufolge, bevor Tsipras mit den Spitzen der drei Institutionen IWF, EU und EZB zu Beratungen in Brüssel zusammenkommen wollte.
Der griechische Wirtschaftsministers George Stathakis hatte am Morgen noch gesagt, es seien nur noch wenige Themen offen. „Es gibt noch zwei oder drei sehr spezielle Themen“, sagte er am Mittwoch dem Fernsehsender Mega TV. „Drei von 50 Maßnahmen, über die man einig geworden ist.“ Demnach gehören zu den Knackpunkten eine langfristige Schuldenerleichterung und Ausnahmen von der Mehrwertsteuer für griechische Inseln.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras reist schon heute überraschend wieder nach Brüssel. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Athen soll er dort abermals mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammenkommen. An den neuen Beratungen über die Griechenland-Rettung am Rande eines Treffens der Euro-Finanzminister sollen auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, teilnehmen.
So sehen Athens Vorschläge aus
Haushalt
Mehrwertsteuer
Sondersteuer/Reichensteuer
Immobilien
Luxussteuer
Unternehmen
Medien
Renten
Sozialabgaben
Privatisierungen
Schulden
Investitionen
Gelingt heute ein Durchbruch, könnte eine Einigung am Donnerstag von den Staats- und Regierungschefs der Währungsunion beim regulären EU-Gipfel gebilligt werden. Scheitern die Gespräche, bleibt bis zum Auslaufen des griechischen Hilfsprogramms Ende Juni kaum noch Zeit, um das Land noch vor dem Bankrott zu retten.
Unionsabgeordnete schließen rechtzeitige Abstimmung des Bundestags zu Griechenland mittlerweile aus
Vor weiteren Hilfen für Griechenland müssen allerdings auch noch mehrere Parlamente zustimmen, darunter auch das griechische und das deutsche. Mehrere Abgeordnete des linken Flügels der griechischen Regierungspartei Syriza erklärten bereits, dass sie dem neuen Sparprogramm nicht zustimmen wollen.Teile der Opposition könnten hingegen für die Maßnahmen stimmen. Möglicherweise findet das Votum an diesem Wochenende statt.
In Deutschland halten es mehrere Unionspolitiker mittlerweile für unmöglich, noch rechtzeitig eine Verlängerung des aktuellen Hilfspaketes zu verabschieden. „Dass wir am Montag oder Dienstag irgendwas beschließen, halte ich nicht für machbar“, sagte der CDU-Finanzexperte Olav Gutting der „Bild“-Zeitung. „Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass wir nicht bereit sind, innerhalb von kürzester Zeit etwas zu beschließen“, fügte Gutting hinzu.
Der CSU-Obmann im Finanzausschuss, Hans Michelbach, kritisierte in der „Bild“, die griechische Regierung habe sich in den Verhandlungen mit den Gläubigern zu viel Zeit gelassen. „Damit kann kein weiteres Geld fließen“, sagte Michelbach. Auch der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), rechnet nicht mit einer rechtzeitigen Bundestagsabstimmung über eine Verlängerung des zweiten Hilfsprogramms.
Bedingungen für Abstimmung
Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Michael Fuchs (CDU) knüpfte eine mögliche Abstimmung über die Verlängerung an mehrere Gutachten. In Berlin müssten vier Dokumente vorliegen, sagte Fuchs. Nötig seien ein ordentlicher Verlängerungsantrag von Griechenland sowie eine Vereinbarung Griechenlands mit den drei Gläubiger-Institutionen über die Umsetzung der geforderten Reformen.Fuchs verlangte außerdem ein Dokument, das die Schuldenlasttragfähigkeit der Griechen beweist. Nötig sei schließlich „auch eine formelle Bestätigung Griechenlands, dass es seine Schulden beim IWF zum 30. Juni bezahlt“.
Schuldenkrise : Tausende Griechen demonstrieren gegen Sparkurs
An diesem Tag muss Griechenland nicht nur 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen, auch das zweite Hilfsprogramm läuft aus. Athen verhandelt bereits seit Monaten mit seinen Gläubigern über die Auszahlung von ausstehenden Geldern dieses zweiten Programms in Höhe von 7,2 Milliarden Euro.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ist unterdessen zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt. Die Auszahlung der verbliebenen Hilfsgelder sei aber nur Voraussetzung für weitere Schritte, „damit Griechenland wirtschaftlich wieder auf die Beine kommt“, sagte Schulz. „Nötig hierzu sind Investitionen“, betonte er. Ein wichtiger Teil davon könne aus dem Investitionspaket finanziert werden, auf das sich Europäisches Parlament und die EU-Kommission geeinigt haben.
In Athen demonstrierten am Abend abermals mehrere Tausend Mitglieder und Sympathisanten der Kommunistischen Partei (KKE) gegen die harte Sparpolitik.