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Gutachten : EU stellt fest: Statistiken aus Athen mangelhaft

Alles nicht so schlimm? Elstat hatte viele Jahre deutlich verfälschte Zahlen über das Staatsdefizit Griechenlands nach Luxemburg gemeldet. Bild: dpa

Die griechische Statistikbehörde Elstat ist für ihre gefälschten Defizitzahlen in der Vergangenheit bekannt. Nun stellt ein unabhängiges Gutachten fest: Das Amt erfüllt nach wie vor nicht die Mindeststandards der EU.

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          Die skandalträchtige öffentliche Statistik in Griechenland entspricht immer noch nicht den europäischen Standards. Das hat das beim EU-Statistikamt Eurostat angesiedelte „Beratungsgremium für die Statistische Governance“ (ESGAB) in einem Gutachten festgestellt. Der Vorsitzende des Gremiums, der finnische Finanzstaatssekretär Martti Hetemäki, forderte den griechischen Finanzminister Euklid Tsakalotos auf, den Fachleuten baldmöglichst mitzuteilen, wie er die Missstände abstellen wolle. Man sei „sehr besorgt“ über die Lage im griechischen Statistikwesen, heißt es in dem Gutachten.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Nach dem Urteil der unabhängigen Experten liegt die Personalausstattung der griechischen Statistikbehörde Elstat derzeit um 20 Prozent unter jenem Niveau, mit dem die EU-Mindestanforderungen für die Erhebung statistischer Daten erfüllt werden. Der Personalbestand liege nur noch bei 70 Prozent des Jahres 2010. 2009 hatte sich herausgestellt, dass Elstat viele Jahre deutlich verfälschte, zu günstige Zahlen über das Staatsdefizit an die EU-Statistikbehörde Eurostat nach Luxemburg gemeldet hatte. Die griechische Regierung müsse dringend qualifiziertes Personal für Elstat rekrutieren und vor allem dafür sorgen, dass die Organisationsstruktur der Behörde flexibler werde, fordert das EU-Beratergremium.

          Verfahren gegen früheren Behörden-Chef

          Die Fachleute rügen ferner den erheblichen politischen Einfluss auf Elstat. Damit beziehen sie sich vor allem auf die politisch motivierte strafrechtliche Verfolgung des früheren Chefs der Behörde, Andreas Georgiou. Je länger diese andauere, desto stärker wüchsen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Statistiksystems, heißt es in dem Gutachten. Ein Berufungsgericht hatte Georgiou zuletzt im März zu einem Jahr Haft verurteilt, weil er die früheren Elstat-Statistiken als „betrügerisch“ bezeichnet hatte.

          Zu Georgious Amtsantritt im August 2010 hatte Elstat für 2009 ein Staatsdefizit von 13,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgewiesen – schon diesem Wert war eine erhebliche Korrektur der Vorjahreszahlen nach oben vorausgegangen. Nach einer auf Georgious Anweisung erfolgten Neuberechnung stieg das Defizit auf 15,4 Prozent. Ob diese Korrektur zu Recht erfolgte, prüfte das Gericht nicht. Es beanstandete vielmehr, dass Georgiou seine Aussagen öffentlich machte. Seit 2011 war dem früheren Statistikchef in mehreren Verfahren vorgeworfen worden, durch seine Korrekturen dem griechischen Staat geschadet zu haben.

          Es sei paradox, dass Georgiou und zwei seiner Mitarbeiter strafrechtlich verfolgt würden, obwohl sie nach Einschätzung der EU-Kommission nur die gängigen EU-Statistikstandards angewandt hätten, schreiben die Fachleute. Gegen jene, die vor 2009 für erhebliche Fehlmeldungen über das Staatsdefizit verantwortlich gewesen seien, werde dagegen nicht einmal ermittelt. 2004 hatte sich herausgestellt, dass Griechenland der Währungsunion 2001 nur aufgrund falscher Defizitzahlen beitreten konnte. Bis 2016 lag die Neuverschuldung kein einziges Mal unter dem Maastrichter Referenzwert von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

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