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Griechenlands Krise : Eine saubere Lösung im Schuldenstreit ist nun undenkbar

Optimismus in Riga: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras (links) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Bild: AFP

Wie geht der Streit zwischen Griechenland und seinen Geldgebern aus? Eine zentrale Frage kreist um die Rolle des Internationalen Währungsfonds. Zugleich wächst der Druck auf den größten Euro-Retter.

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          In Riga bot sich nach dem „Dreiergipfel“ in der Nacht zum Freitag ein gewohntes Bild. Nach seinem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande verbreitete Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras wieder einmal Optimismus. Eine baldige Einigung mit den Gläubigern „binnen zehn Tagen“ sei nun möglich, ließ er mitteilen. Wesentlich schmallippiger war die deutsche Kanzlerin. Vor einer Einigung müsse noch „sehr, sehr viel gearbeitet“ werden, sagte sie.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          In deutschen Verhandlungskreisen wurde erläutert, was das bedeutet: Immer noch sei Athen allenfalls zu einem Bruchteil der von den Gläubigern geforderten Reformen und Sparschritten bereit. In Brüssel, wo gleichzeitig die „technischen“ Gespräche zwischen EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) fortgesetzt wurden, ist Ähnliches zu hören: Auch wenn die griechische Seite mittlerweile nicht nur zu einer Mehrwertsteuerreform bereit sei, sondern auch ein paar „Minireformen“ in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik anbiete, sei das längst nicht genug, hieß es in der Eurogruppe.

          Unstreitig ist indes auch in Brüssel, dass die Zeit mittlerweile sehr drängt. Dem griechischen Staat geht das Geld aus, und offenbar ist schon die Rückzahlung eines IWF-Kredits von 300 Millionen Euro Anfang Juni stark gefährdet. Ein baldiges Treffen der Euro-Finanzminister, vielleicht schon in der kommenden Woche, ist daher wahrscheinlich. In der Eurogruppe heißt es indes unverändert, das ergebe nur Sinn, wenn sich die griechische Seite erheblich bewege und sich zu sehr konkreten Reformschritten bereiterkläre. Und daran mangelt es weiterhin. „Wir wissen ja nicht einmal, ob unsere Gesprächspartner aus Athen mit Tsipras oder Finanzminister Varoufakis reden dürfen“, sagt ein Gläubigervertreter.

          Deutschland pocht auf den IWF

          Zweifel an griechischem Erkenntnisfortschritt sind weiterhin mehr als angebracht. In Riga hat Athen offenbar noch einmal ins Spiel gebracht, den IWF als Teil der Gläubiger-Institutionen aus dem Spiel zu nehmen. Das wäre nicht nur deshalb schwer möglich, weil Athen dem Fonds nun einmal Geld schuldet. Merkel will den IWF unbedingt an Bord halten, weil sie ihn immer noch als besten Garant für die Durchsetzung von Reformen in Griechenland sieht. Ungeachtet dessen wächst im Fonds selbst die Ungeduld. Dort heißt es mittlerweile, der ungelöste Dauerkonflikt mit Athen gefährde die Glaubwürdigkeit des IWF.

          Selbst wenn sich Athen doch noch grundlegend bewegte, gerieten beide Seiten in höchste Zeitnot. Ein weit reichendes griechisches Reformgesetz ließe sich kaum über Nacht durchs Athener Parlament peitschen. Nach den normalen Regeln können die Eurogruppe und das IWF-Exekutivdirektorium die noch vorhandenen 7,2 Milliarden Euro Kredite erst danach freigeben – was für den griechischen Staat wohl zu spät käme. „Wenn nicht schnell etwas passiert, sind Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland nicht mehr weit“, sagt ein EU-Diplomat. Von einem Grexit wäre man nicht mehr weit entfernt. Dass nach Agenturmeldungen mittlerweile auch im Bundesfinanzministerium über die Einführung einer Parallelwährung in Griechenland nachgedacht wird, passt da ins Bild.

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