Griechische Schuldenkrise : Scheitert der Euro, scheitert Europa
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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Währungsunion nicht auseinanderbrechen lassen. Bild: AP
Die Kanzlerin hat sich entschieden: Sie will Griechenland im Euro halten. Wenn es geht. Es ist ihr dritter Anlauf.
Zwei Monate lang hielt sich die Kanzlerin aus der jüngsten Griechen-Krise heraus, in der Öffentlichkeit zumindest. Jetzt hat sich Angela Merkel zum Eingreifen entschlossen. An Montag empfängt sie den griechischen Premier Alexis Tsipras im Kanzleramt, zum ersten Tête-à-Tête seit dessen Amtsantritt. Bereits am vorigen Donnerstag gestand sie ihm auf dem EU-Gipfel ein separates Treffen zu.

Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.
Zunächst hatte sie andere für sich arbeiten lassen. Schon aus eigenem Interesse standen auch die übrigen Euro-Länder gegen den Athener Wunsch, auch ohne Reformen mit Barem aus Brüssel versorgt zu werden. Den Rest erledigte Finanzminister Wolfgang Schäuble, der besonders markig gegen die griechischen Ansprüche auftrat.
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Aber jetzt geht es aus Sicht der Kanzlerin nicht mehr anders. Eine unkontrollierte Staatspleite Griechenlands scheint in greifbar Nähe gerückt. Niemand weiß, ob Tsipras und seine Leute die Konsequenzen ihres Handelns wirklich vom Ende her betrachten. Die Dinge drohen außer Kontrolle zu geraten. Das ist eine Entwicklung, die Merkel überhaupt nicht schätzt. „Wir werden immer alles dafür tun, dass Probleme steuerbar bleiben“, sagte einer ihrer Berater vorige Woche.
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Es ist das dritte Mal, dass Merkel in der griechischen Krise eine solche Kehrtwende vollzieht. Die Zögerliche handelt stets dann, wenn sie befürchten muss, andernfalls als Schuldige für den Zusammenbruch des Euros dazustehen. Schritt für Schritt führt sie die zeitweise sehr widerstrebenden Deutschen an die Politik der Euro-Rettung heran, bis sie im günstigen Augenblick einen vorläufigen Schlusspunkt setzt. Man muss sich den Verlauf der Krise vor Augen führen, um das Muster zu verstehen.
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Als die unendliche Geschichte vor ziemlich genau fünf Jahren mit der drohenden Athener Staatspleite begann, stimmte die Kanzlerin nach wochenlangem Widerstand einem Hilfspaket zu. Im Spätsommer 2012 entschied sie sich nach längerem Lavieren für den Verbleib des Landes in der Eurozone. Und auch jetzt will sie Verantwortung für ein Aufbrechen der Währungsunion, soweit es in ihrer Macht steht, nicht übernehmen.
Merkel und die Griechen: Das ist eine Geschichte von tastenden Schritten, taktischen Rücksichten und überraschenden Wendungen, wie sie für Merkels Regierungsstil typisch ist. Es begann auch damals mit einer Neuwahl in Athen: Im Herbst 2009 machte die neue griechische Regierung die wahre Haushaltslage öffentlich, im Laufe des Winters zeichnete sich eine drohende Staatspleite immer deutlicher ab. Sofortige Hilfszahlungen lehnte Merkel trotz des französischen Drängens ab. Aus sachlichen Gründen, aber auch mit Blick auf den Wahlkalender: Einen Parlamentsbeschluss vor den nordrhein-westfälischen Wahlen am 9. Mai suchte sie um jeden Preis zu vermeiden.
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Ihr Plan ging nicht auf. Schon Ende April konnte sich Griechenland am Kapitalmarkt nicht mehr finanzieren, am 2. Mai sagten die Finanzminister des Euroraums Hilfskredite in Höhe von 110 Milliarden Euro zu. Der Internationale Währungsfonds war beteiligt, das immerhin hatte die Kanzlerin gegen den Widerstand des eigenen Finanzministers durchgesetzt. Am 7. Mai, zwei Tage vor der Düsseldorfer Landtagswahl, bewilligte der Bundestag den deutschen Anteil von 22,4 Milliarden Euro.