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Griechenland-Krise : Bundesbankpräsident warnt vor Schulden-Haftung

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Ökonomen fordern eine rasche Lösung für die Schuldenkrise

Ökonomen fordern eine rasche Lösung für die Schuldenkrise Bild: dpa

Vor dem Sondergipfel der Eurostaaten an diesem Donnerstag hat sich die Diskussion über ein zweites Rettungspaket für Griechenland verschärft. Bundesbankpräsident Weidmann warnte nachdrücklich vor der Einführung von Eurobonds.

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          „Nichts würde die Anreize für eine solide Haushaltspolitik rascher und dauerhafter zerstören als eine gemeinsame Haftung für die Staatsschulden“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann der Zeitung „Bild am Sonntag“. Genau dies schwebe aber „einigen Ökonomen und Politikern“ in Form von Eurobonds vor. „Das Ergebnis wird sein: Die europäischen und vor allem die deutschen Steuerzahler müssen für die gesamten griechischen Staatsschulden einstehen“, sagte Weidmann weiter. Dies wäre „der Schritt in die Transferunion“, den Deutschland bislang zu Recht abgelehnt habe. Aber auch einen Schuldenerlass hält der Bundesbankpräsident für wenig sinnvoll. „Griechenland konsumiert deutlich mehr, als es erwirtschaftet; der Staatshaushalt weist hohe Defizite auf.“ Solange sich daran nichts ändere, schaffe selbst ein Schuldenschnitt keine wirkliche Besserung, sagte Weidmann.

          Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß warf Weidmann einen Irrtum vor. „Ohne einen Schuldenschnitt werden die Probleme Griechenlands nicht gelöst werden können“, sagte Poß. Immer mehr Ökonomen schlügen nun einen solchen Schritt vor. Im Übrigen sei der Bundesbankpräsident in dieser Frage wegen der spezifischen Interessen der Europäischen Zentralbank befangen. „Er sollte daher nicht die vermeintlichen Interessen der Steuerzahler als Alibi benutzen“, sagte Poß.

          Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Jürgen Trittin sagte: „Wir brauchen Eurobonds, damit die Spekulationen gegen einzelne Länder aufhören.“ Gemeinsame Anleihen „könnten zwar auch für Deutschland höhere Zinsen bedeuten, aber langfristig sind sie sicherlich billiger“. Trittin rügte, dass Ratingagenturen - die Griechenland, Portugal und Irland wiederholt heruntergestuft hatten, worauf es für die Staaten schwieriger wurde, sich frisches Geld zu beschaffen - „zu viel Macht bekommen“ hätten. „Es fehlt eine staatliche Regulierung“, so Trittin.

          Bundesbankpräsident Jens Weidmann
          Bundesbankpräsident Jens Weidmann : Bild: Frank Röth

          Wirtschaftsweiser Feld fordert rasche Entscheidung

          Der EZB-Präsident Trichet warnte, dass die Europäische Zentralbank griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheit akzeptieren werde, falls eine Entscheidung der Regierungen für eine Umschuldung Griechenlands zu einem teilweisen Zahlungsausfall oder einem Zahlungsausfall griechischer Anleihen führe. „Die Regierungen tragen dafür die Verantwortung“, hob Trichet hervor. „Die Regierungen sind gewarnt worden, unmissverständlich und mit allen Mitteln“, sagte Trichet der Zeitung „Financial Times Deutschland“.

          Der Wirtschaftsweise Lars Feld forderte eine rasche Entscheidung für eine Umschuldung Griechenlands, zeigte jedoch Verständnis für die Kritik von Bundesbankpräsident Weidmann an Eurobonds. „Bei Eurobonds würde tatsächlich ein einzelnes Mitgliedsland - letztlich Deutschland - für die gesamten Schuldtitel haften, das wäre eine weitgehende Vergemeinschaftung der Schulden“, sagte Feld dieser Zeitung. Allerdings müsse man Athen eine Entlastung von seinen Schulden ermöglichen, sagte Feld. Mit immer neuen europäischen Hilfspaketen würden Athens Schulden nach und nach komplett bei den europäischen Steuerzahlern landen. „Eine geordnete Umschuldung mit einem Schuldenschnitt wäre daher günstiger“, sagte Feld.

          Mehrere Sachverständigenratsmitglieder hatten angeregt, griechische Anleihen gegen Anleihen des Euro-Rettungsfonds EFSF zu tauschen, wobei ein Abschlag von 40 bis 50 Prozent vom Nominalwert vorgenommen werden sollte. Der Sachverständigenratsvorsitzende Franz beziffert den Finanzbedarf des EFSF für einen kompletten Tausch auf 168 Milliarden Euro. Die neuen EFSF-Anleihen wären „eine Art kleiner Eurobond“, gab Feld zu. Sie seien jedoch begrenzt für einen bestimmten Zweck, jedes Land hafte nur für einen Anteil entsprechend seinem Kapitalanteil bei der EZB. Der deutsche Anteil beträgt 27,1 Prozent.

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