Gipfel in Brüssel : Luxemburg bremst EU im Kampf gegen Steuerflucht
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Steuerabkommen in weiter Ferne: Juncker will noch nicht zustimmen. Bild: AFP
Luxemburg macht ein neues Steuerabkommen in der EU von entsprechenden Verhandlungen mit Drittstaaten abhängig. Nun strebt Brüssel einen Beschluss bis Jahresende an.
Im Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht tritt die EU vorerst auf der Stelle. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben auf ihrem Gipfeltreffen am Mittwoch in Brüssel zwar ihre Absicht bekräftigt, „effektive Schritte“ gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung zu unternehmen. Den aktuellen Streit der EU-Staaten über eine rasche Verschärfung der EU-Zinsrichtlinie lösten sie aber nicht. Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker machte eine Zustimmung zu der Verschärfung vom Ergebnis der Verhandlungen über neue Steuerabkommen mit Drittstaaten, etwa der Schweiz und Liechtenstein, abhängig. Dagegen rückte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann von der bisherigen Blockade seines Landes ab.
Die Absicht der meisten Staaten, den verschärften Kampf gegen die Steuerflucht an einen Zeitplan zu knüpfen, mündete in Brüssel wegen der luxemburgischen Bedenken in einem Formelkompromiss. Demnach wird angestrebt, „im Lichte“ des Fortgangs der Verhandlungen mit den Drittstaaten die verschärfte Richtlinie bis zum Jahresende zu beschließen. Faymann sagte, dieser Formulierung könne er vollen Herzens zustimmen. Auch Juncker nannte es realistisch, dass die Verhandlungen mit den Drittstaaten bis Dezember so weit gediehen seien, dass die Verschärfung der Richtlinie beschlossen werden könne.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, der erfolgreiche Fortgang der Verhandlungen mit den Drittstaaten sei keine absolute Bedingung für die Verschärfung. „Alle Länder wissen, dass der komplette Austausch über alle Arten der Einkünfte das Gebot der Zukunft ist.“ Die Staats- und Regierungschefs bekundeten ferner ihre Absicht, schärfer gegen Unternehmen vorzugehen, die Steuerschlupflöcher ausnutzen und ihre Gewinne verlagern. Entsprechende Regeln sollen bis Jahresende auf den Weg gebracht werden. Der britische Premierminister David Cameron kündigte weitere Initiativen des britischen G8-Vorsitzes im Kampf gegen die globale Steuervermeidung an.
„Das sind unsere Bedingungen. Akzeptiert sie oder nicht.“
Indirekt kamen in Brüssel auch die Steuersparmodelle des amerikanischen Konzerns Apple zur Sprache. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, über irische Tochterfirmen höhere Steuern in den Vereinigten Staaten zu vermeiden. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, die EU könne nicht zulassen, dass ein Mitgliedstaat es Unternehmen erlaube, Kapital aus rein steuerlichen Motiven zu verlagern. Der irische Ministerpräsident Enda Kenny bestritt dagegen, dass es Ausnahmen für internationale Konzerne gebe: „Wir treffen keine speziellen Absprachen mit einzelnen Firmen.“
Die EU-Finanzminister hatten der EU-Kommission vor einer Woche ein Mandat erteilt, Verhandlungen über Steuerabkommen mit der Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino aufzunehmen. Ziel ist es, die Standards der seit 2005 gültigen EU-Zinsrichtlinie auf diese auszuweiten. Sie sieht einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Staaten über Zinserträge vor und gilt bisher nicht für Österreich und Luxemburg. Beide Länder halten bisher wie die Schweiz am Bankgeheimnis fest und erheben eine Quellensteuer. Die EU will dem Bankgeheimnis im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr auch in diesen Staaten ein Ende bereiten. Juncker hatte im April den Übergang zum automatischen Informationsaustausch von 2015 an grundsätzlich zugesagt, nicht aber die Ausweitung der Zinsrichtlinie.