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EU einigt sich : Für Bankenrettungen sollen Aktionäre und Gläubiger zahlen

  • Aktualisiert am

„Das ist ein wichtiger Schritt“: Die EU-Finanzminister einigen sich auf Regeln zur Abwicklung von Banken Bild: AFP

Nach rund siebenstündigen Beratungen haben sich am frühen Donnerstagmorgen die EU-Finanzminister auf einheitliche Regeln für die Rettung oder Schließung von Krisenbanken verständigt. Steuerzahler sollen damit entlastet werden.

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          Marode Großbanken in Europa werden künftig in erster Linie auf Kosten ihrer Eigner und Gläubiger und nicht länger mehr nur vom Steuerzahler gerettet. Die EU-Finanzminister hätten sich in der Nacht zu Donnerstag in Brüssel auf Haftungsregeln für Banken geeinigt, sagte der irische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Michael Noonan in Brüssel. Als erstes müssten Aktionäre, Bankanleihebesitzer und Kunden mit Guthaben über 100.000 Euro Opfer bringen. Der Staat oder der Euro-Rettungsfonds ESM sollen demnach erst ab einem bestimmten Schwellenwert Löcher in Bankbilanzen stopfen. Frankreich setzte durch, dass den Mitgliedstaaten hier Entscheidungsspielraum bleibt.

          „Für die normalen Anleger und Sparer ist das eine eher theoretische Übung, aber für die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes ist das ein wichtiger Schritt“, sagte Schäuble. Die übertriebene Unsicherheit über die Stabilität der europäischen Banken solle damit bekämpft werden. Die Regeln sorgten für ein verantwortungsvolleres Verhalten der Banken, erklärte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem.

          Die Mitgliedstaaten müssen über das Gesetz jetzt noch mit dem Europäischen Parlament verhandeln. Noonan rechnet mit einer Einigung bis zum Jahresende, dann unter litauischer Präsidentschaft. Die Richtlinie gibt den nationalen Abwicklungsbehörden weitreichende Eingriffsrechte in strauchelnde Geldhäuser. Sie können kleinere Banken künftig einfacher schließen. Die Haftung von Eigentümern und Gläubigern, das sogenannte Bail-in, greift erst bei systemrelevanten Großbanken, die sanierungsfähig und stark mit anderen Banken verstrickt sind. Ihre Pleite könnte das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen.

          Aus Angst vor fatalen Kettenreaktionen hatten die EU-Staaten in der Bankenkrise 2008 nicht gewagt, Geldhäuser pleite gehen zu lassen. Binnen drei Jahren stützten sie die Banken mit einem Drittel der gesamten EU-Wirtschaftsleistung, größtenteils mit inzwischen abgelösten Garantien. Der irische Staat ging darüber fast pleite. In großem Stil mussten Bankinvestoren erstmals bei der Rettung Zyperns finanziell bluten.

          Steuerzahler sollen von Rettungsaktionen verschont werden

          Das Abwicklungsgesetz markiert nun eine Wende - Ziel ist es, die Steuerzahler von milliardenschweren Rettungsaktionen zu verschonen. Künftig können auch Privatkunden mit Ersparnissen über 100.000 Euro Geld verlieren. Beträge bis zu dieser Grenze bleiben dagegen gesetzlich garantiert. Das Prinzip sei zwar einfach, konkret aber schwierig anzuwenden, weil die Lage der einzelnen Banken unterschiedlich sei, sagte Schäuble. Wichtig sei, Wettbewerbsverzerrungen unter den Banken zu verhindern.

          Deutschland, die Niederlande und andere Staaten hatten in den Verhandlungen auf eine weitreichende Gläubigerbeteiligung und möglichst einheitliche Regeln gepocht. Frankreich dagegen kämpfte für nationalen Spielraum, um im Krisenfall doch lieber früher als später wieder mit öffentlichen Geldern eingreifen zu können. Wichtig ist nach den Worten des französischen Finanzministers Pierre Moscovici, dass auch der Euro-Rettungsfonds ESM als Finanzierungsquelle ausdrücklich eingeschlossen ist.

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