Die Psychologie der Krisenhilfe
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Ist das Wasserglas nun halbvoll oder halbleer? Bild: Elenathewise/Getty Images/iStockphoto
Die Regierung bestimmt mit ihren Rettungspaketen unser Bewusstsein, bauscht die Hoffnungen auf Normalität auf und dimmt sie wieder herunter. Ist das Glas nun halbvoll oder halbleer?
Schon wieder steht eine Woche der Krisenbeschlüsse bevor. Wenn am Dienstagnachmittag zum ersten Mal nach der Sommerpause im Berliner Kanzleramt der Koalitionsausschuss zusammenkommt, geht es um eine weitere Großtat zur Bekämpfung der Corona-Depression: Die scheidende christdemokratische Regierungschefin Angela Merkel und ihr aufstrebender sozialdemokratischer Vize Olaf Scholz haben im Vorfeld schon angekündigt, dass sie den erleichterten Bezug des Kurzarbeitergeldes um ein weiteres Jahr ausdehnen wollen. Nicht schon im März 2021 sollen die letzten Hilfen ausgezahlt werden, wie zu Beginn des Lockdowns beschlossen, sondern erst im März 2022. Umstritten sind bloß noch die genauen Modalitäten – etwa, ob die Arbeitslosenversicherung weiterhin auch die Sozialbeiträge übernimmt oder ob der Lohnersatz auch künftig bis zu 87 Prozent beträgt.
Es fragt sich bloß: Hätte die Regierung das, wenn sie es angesichts der Lage für notwendig hält, nicht schon im Frühjahr beschließen können? Die Analyse, dass die ökonomischen Folgen der Gesundheitskrise nicht in ein paar Monaten ausgestanden sind, ist schließlich nicht ganz neu. Schon während des Lockdowns im März und April ließen Spitzenpolitiker im kleinen Kreis erkennen, dass sich der weitere Krisenverlauf frühestens nach Ablauf eines vollen Jahres einigermaßen abschätzen lasse. Dass die Lage in den Herbst- und Wintermonaten noch mal schwieriger sein könnte, gerade in Branchen wie der Gastronomie, das ließ sich mühelos absehen. Eher waren die Analysen damals sogar pessimistischer als heute: Dass die Deutschen beispielsweise diesen Sommer so eifrig in den Urlaub fahren würden wie selten zuvor, wenn auch zu weniger fernen Zielen, das hätte noch zu Ostern kaum jemand geglaubt.
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