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EZB-Präsident : Deutschland schielt auf die Draghi-Nachfolge

Das neue Dreamteam? Jens Weidmann (links) und Luis de Guindos aus Spanien Bild: Picture-Alliance

Mit der Suche nach einem EZB-Vizepräsidenten beginnt eine große Personalrochade. Der Preis für den Chefposten in der Notenbank wäre hoch.

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          Neue Namen beherrschen das erste Treffen der Eurogruppe im Jahr 2018 an diesem Montag in Brüssel. Erstmals leitet der portugiesische Ressortchef Mário Centeno eine Sitzung der Eurofinanzminister. Zudem wählen die Minister den niederländischen Finanzstaatssekretär Hans Vijlbrief als Nachfolger des Österreichers Thomas Wieser zum ständigen Vorsitzenden der Eurogroup Working Group. In diesem einflussreichen Gremium bereiten die Finanzstaatssekretäre die Eurogruppen-Treffen vor.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Ein weiterer Posten – mit dem viel zusammenhängt – muss neu besetzt werden. Ende Mai endet die achtjährige Amtszeit von Vítor Constâncio, dem portugiesischen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Eurogruppe eröffnet am Montag die Bewerbungsfrist für seine Nachfolge. Möglichst schon im Februar sollen die Minister einen Kandidaten wählen, der nach Anhörung durch das Europaparlament und den EZB-Rat von den Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen im März bestätigt werden soll. Es könnte sein, dass diese Wahl – anders als in anderen Fällen – halbwegs reibungslos abläuft. Der einzige bisher bekannte Kandidat, der bisherige spanische Wirtschafts- und Finanzminister Luis de Guindos, geht als haushoher Favorit ins Rennen.

          Spanien ist unterrepräsentiert

          Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist der viertgrößte Eurostaat Spanien seit dem Ausscheiden von José Manuel González-Páramo vor knapp sechs Jahren nicht mehr im EZB-Direktorium vertreten und auch sonst in EU-Spitzengremien derzeit eher unterrepräsentiert. Zum anderen hat sich de Guindos das Amt nach Lesart von EU-Diplomaten verdient, nachdem er 2015 im Rennen um den Vorsitz der Eurogruppe dem Niederländer Jeroen Dijsselbloem unterlegen war – nicht, weil er als schlechter Kandidat galt, sondern weil damals niemand den erfolgreichen Amtsinhaber Dijsselbloem abwählen wollte.

          Dass de Guindos wie Constâncio aus Südeuropa kommt, schadet ihm sicher nicht, obwohl das auch EZB-Chef Mario Draghi gilt. Würde de Guindos zum neuen Vize gewählt, gälte es als ausgemacht, dass der Draghi-Nachfolger 2019 aus einem nördlicheren Land käme. Erfahrungen als Zentralbanker hat der 58 Jahre alte de Guindos nicht. Da wäre er aber nicht der Erste in der EZB. Und dass er der letzte Chef der spanischen Tochter der Investmentbank Lehman Brothers vor deren Untergang war, scheint ihm auch verziehen worden zu sein. Zu sehr ist der Name des konservativen Politikers mit der Stabilisierung der spanischen Wirtschaft seit dem Höhepunkt der Euro-Krise verbunden.

          Weitere EZB-Posten werden frei

          Offen ist, ob der Spanier noch Wettbewerber bekommt. Denkbar ist eine Kandidatur aus Irland. Das Land war noch nie im EZB-Direktorium vertreten und steht noch mehr als Spanien für eine erfolgreiche Bewältigung der Euro-Krise. Denkbar wären Kandidaturen des irischen Zentralbankgouverneurs Philip Lane oder seiner Stellvertreterin Sharon Donnery. Nach Ansicht von EU-Diplomaten wäre eine irische Bewerbung aber nur ein Schaulaufen, um die Chancen für weitere frei werdende Posten in der EZB zu erhöhen.

          Davon gibt es etliche. Zum Jahresablauf endet die fünfjährige Amtszeit von Danièle Nouy, der Chefin der Bankenaufsicht in der EZB. 2019 werden dann gleich drei weitere Ämter im sechsköpfigen Direktorium der Zentralbank frei: Im Mai endet die Amtszeit des belgischen EZB-Chefvolkswirts Peter Praet, im Oktober jene des Präsidenten Mario Draghi und im Dezember die des französischen „Außenministers“ der EZB, Benoît Cœuré.

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