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Bankenrettung : EZB veröffentlicht Regeln für umstrittene Notfallkredite

EZB in Frankfurt Bild: REUTERS

In Griechenland und in Irland wurden in der Schuldenkrise manche Banken mit Notkrediten von den nationalen Zentralbanken gerettet. Diese sogenannten „ELA-Kredite“ sind sehr umstritten, auch weil das Regelwerk im Wortlaut gar nicht bekannt ist. Das soll sich nun ändern.

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          In der Europäischen Zentralbank wird um Schritte zu mehr Transparenz gerungen. Nach Informationen der F.A.Z. hat der EZB-Rat beschlossen, das Regelwerk für die umstrittenen Notfallkredite (Emergency Liquidity Assistance, ELA) zu veröffentlichen. Diese Entscheidung fiel auf der Ratssitzung Mitte Juli. Das sogenannte ELA-Agreement ist bislang nicht im Wortlaut bekannt. Die Notkredite, die von den nationalen Zentralbanken vergeben werden, sollen nur an solvente Banken fließen, die vorübergehend illiquide sind. Kritiker sagen, dass etwa auf Zypern auch insolvente Banken ELA-Kredite in Milliardenhöhe gewährt worden sei.

          Philip Plickert
          Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in London.

          In Griechenland und in Irland wurden die größten ELA-Hilfen gewährt. Das ELA-Gesamtvolumen beträgt inzwischen noch gut 90 Milliarden Euro. Wie hoch die Summen an einzelne Banken sind, erfährt die Öffentlichkeit aber nicht. Kritiker monieren, ELA sei extrem intransparent. „Die Veröffentlichung des ELA-Agreements ist selbst noch kein großer Schritt zu mehr Transparenz“, schränkte ein Notenbanker gegenüber der F.A.Z. ein. „Die Probleme tauchen bei der konkreten Anwendung von ELA auf.“

          EZB diskutiert auch über Veröffentlichung von Protokollen

          Unterdessen haben sich zwei einflussreiche EZB-Direktoren, Jörg Asmussen und Benoît Cœuré, dafür ausgesprochen, die Protokolle der Ratssitzungen zu veröffentlichen. Bislang sind die zweimal im Monat stattfindenden Diskussionen der 23 Ratsmitglieder geheim, die Protokolle bleiben 30 Jahren unter Verschluss. Asmussen sagte nun, die Protokolle sollten veröffentlich werden und offenlegen, „wer für was gestimmt hat, mit welcher Begründung“. „Inzwischen ist die EZB die einzige große Zentralbank, die die Protokolle ihrer Treffen nicht veröffentlicht“, kritisierte der französische EZB-Direktor Cœuré in einem gemeinsamen Interview von „Süddeutsche Zeitung“ und „Le Figaro“. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve, die britische und auch die japanische Notenbank veröffentlichen ihre Sitzungsprotokolle innerhalb weniger Wochen. Die Gesellschaft verlange Transparenz und Rechenschaft, sagte Cœuré.

          Asmussen sagte, die Veröffentlichung würde den europäischen Ansatz der EZB fördern, weil diese erklären müsse, inwiefern ihre Beschlüsse in Einklang mit ihrem europäischen Mandat stünden. Vor zwei Wochen hatte schon der EZB-Chefvolkswirt Peter Praet gesagt, dass die EZB „früher oder später“ Protokolle veröffentlichen solle. Der finnische Nationalbank-Chef Erkki Liikanen ist ebenfalls dafür. EZB-Präsident Mario Draghi scheint hingegen noch unentschlossen. Es sprach von einem „ komplexen Prozess“. Es gebe Vor- und Nachteile. Über das Abstimmungsverhalten einzelner Ratsmitglieder wird Stillschweigen bewahrt. Nur einmal, als Bundesbank-Präsident Jens Weidmann im August gegen das EZB-Anleihekaufprogramm OMT votierte, hatte Draghi diese Abweichung öffentlich gemacht.

          Die Bundesbank ist im Grundsatz dafür, dass die Debatten und die Argumente rund um die Geldpolitik öffentlich gemacht werden. Weidmann hat erklärt, Notenbanker verwalteten ein öffentliches Gut - stabiles Geld - und müssten sich dafür auch rechtfertigen. Allerdings gibt es Befürchtungen, dass Druck auf die nationalen Vertreter ausgeübt wird, wenn ihr Abstimmungsverhalten veröffentlich wird. Die Bundesbank ist dafür, die Protokolle nur anonymisiert zu veröffentlichen. Ewald Nowotny, Chef der österreichische Nationalbank, hat diese Bedenken öffentlich geäußert: Eine zu rasche Veröffentlichung könne zu „problematischem politischen Druck führen“.

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