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Wahlprogramm-Entwurf : Grüne Programmatik

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Das Kanzleramt im Blick? Die Parteichefs der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck Bild: EPA

Der Entwurf des Wahlprogramms der Grünen liest sich wie eine 134 Seiten lange Lizenz zum Geldausgeben. Zur Kasse gebeten werden sollen jene, die schon heute nicht zu wenig Steuern zahlen.

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          Nicht kleckern, sondern klotzen: Was die große Koalition zum Motto ihrer Corona-Hilfsprogramme erhoben hat, soll nach dem Willen der Grünen auch über die Pandemie hinaus gelten. Der Entwurf des Wahlprogramms, den die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck am Freitag vorgestellt haben, liest sich wie eine 134 Seiten lange Lizenz zum Geldausgaben – auf Kosten derer, die schon heute nicht zu wenig Steuern zahlen.

          Der Kern der grünen Programmatik, ein 500 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm, mag in der Theorie gut klingen. Doch die Finanzierung mit neuen Krediten, unter der Annahme, die Zinsen würden schon weiter so niedrig bleiben, kann nur als waghalsig bezeichnet werden. Die Frage ist auch, ob es einer solchen Offensive überhaupt bedarf. Schon heute mangelt es in vielen Bereichen nicht an Geld. Man denke nur an die 11 Milliarden Euro, die für schnelle Internetleitungen zur Verfügung stehen, von denen bislang aber nur ein Bruchteil abgerufen wurde.

          Ob die von den Grünen geplante „Kompetenzagentur für Förderpolitik und Investitionen“ die Umsetzung maßgeblich beschleunigen würde, darf bezweifelt werden. Es braucht nicht mehr, sondern weniger Bürokratie. Dem aber steht der Regelungseifer der Grünen entgegen.

          Wider Verbrennungsmotor und Kurzstreckenflüge

          Forderungen nach Verboten finden sich in dem Entwurf zwar kaum; das hat die Grünen nicht zuletzt die hitzige Debatte über die Einfamilienhäuser gelehrt. Aber viele der Forderungen sind letztlich nichts anderes. Von 2030 an soll es keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr geben, Kurzstreckenflüge sollen „überflüssig“ werden, das Tempolimit kommt jetzt als „Sicherheitstempo“ daher. All das zeigt, wie beseelt die Grünen weiter davon sind, die Freiheit des Einzelnen einzuschränken, um ihre Vorstellungen eines moralisch richtigen Lebens durchzusetzen.

          Es steht zu erwarten, dass sie damit bei der Wahl im Herbst durchaus erfolgreich sein werden. Zu den Begleiterscheinungen der Pandemie gehört, dass sich viele Menschen einen starken Staat wünschen, der sie möglichst umfassend vor gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken schützt. Die Partei, die einst so leidenschaftlich für Bürgerrechte eintrat, setzt nun alles daran, die SPD links zu überholen.

          Julia Löhr
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

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