
Kommentar : Vertrauensschutz
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Was sollen deutsche Unternehmen von einer Regierung halten, deren Sicherheitsbehörden ihnen Vorschläge zum Schutz gegen Cyberattacken machen – um sie dann womöglich mit Hilfe dieser Institutionen auszuspähen?
Niemand glaubt, dass deutsche Unternehmen nicht von ausländischen Mächten ausspioniert werden. Sie sind zu innovativ, zu gut und zu wichtig, als dass Wettbewerber nicht der Versuchung erliegen könnten, mit unlauteren Methoden Einblicke zu erlangen. Doch die Frage nach dem heimlichen Abhören hat seit einigen Tagen eine neue Brisanz bekommen: Haben deutsche staatliche Stellen anderen, den Amerikanern, geholfen, illegal Geheimnisse europäischer Unternehmen abzufischen?
Man muss nicht die Kanzlerin persiflieren, um entrüstet festzustellen: „Abhören von Freunden, das geht gar nicht.“ Es liegt in der Natur der geheimdienstlichen Sache, dass der Regierung Auskünfte zu den Vorwürfen schwerfallen. Doch muss sie bald befriedigende Antworten geben.
Es geht nicht nur um unbelegte Spionagevorwürfe. Was sollen die deutschen Unternehmen von einer Regierung halten, die sie zur Digitalisierung ermutigt und deren Sicherheitsbehörden ihnen Vorschläge zum Schutz gegen Cyberattacken machen - um sie dann womöglich mit Hilfe dieser Institutionen auszuspähen? Die Vorstellung vom Schlüsselmacher als potentiellem Dieb ist keine vertrauensbildende Maßnahme.

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.
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