Klimapolitik : Die Illusion des grünen Wachstums
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Wachsen fürs Klima: Regenwald in Brasilien Bild: dpa
Das Vertrauen in die Klimapolitik ist geschwunden. Doch trügt die Hoffnung, das Klimaproblem könne auch ohne internationale Abkommen - quasi nebenher durch den Umstieg auf erneuerbare Energien - gelöst werden. Ein Ordnungsrahmen ist unverzichtbar.
Internationale Klimaverhandlungen sind ein zähes Geschäft. Die Klimagipfel von Kopenhagen, Cancún und Durban haben nicht den erhofften Durchbruch erbracht. Zwar hat die Klimadiplomatie einen Verhandlungsprozess in Gang gesetzt, der bis zum Jahr 2020 zu einem global verbindlichen Klimaschutzabkommen führen soll - von einem effektiven Klimaschutz ist die Staatengemeinschaft jedoch noch weit entfernt.
Zwar sind einige Staaten freiwillige Selbstverpflichtungen eingegangen, die jedoch für einen ehrgeizigen Klimaschutz zu gering sind. Bliebe es bei diesen Selbstverpflichtungen, würde bis zum Ende des Jahrhunderts die globale Mitteltemperatur um mindestens 3,5 Grad Celsius steigen. Niemand weiß genau, welche Folgen ein solcher Temperaturanstieg hätte, es ließen sich aber erhebliche Risiken nicht mehr ausschließen: Das Abschmelzen der Eisschilde, das Absterben des Regenwaldes, die Versauerung der Ozeane, die Zunahme von Dürren und Überschwemmungen sind für die Weltgemeinschaft große Risiken.
Die Formel vom grünen Wachstum
Kein Wunder also, dass das Vertrauen in die Klimapolitik geschwunden ist und viele nun darauf hoffen, das Klimaproblem könne auch ohne ein internationales Klimaschutzabkommen gelöst werden. Mit der Formel vom grünen Wachstum soll die öffentliche Debatte um den Klimaschutz nun neu geführt werden: Der Umbau der Energieversorgung, so die Behauptung, lohne sich auch ohne Klimaschutz. Grüne Technologien beeinträchtigten das Wirtschaftswachstum nicht. Im Gegenteil - sie würden es sogar befördern. Das Klimaproblem werde dann nebenher gelöst - ohne den Umweg über internationale Verhandlungen.
Diese Einschätzung wird zum Beispiel in einem kürzlich erschienenen Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) und der Enquetekommission der Bundesregierung diskutiert. Die Formel vom grünen Wirtschaftswachstum ruht auf drei Säulen: Erstens dass die fossilen Energieträger bald zur Neige gehen, zweitens, dass erneuerbare Energien aufgrund von Lerneffekten bald günstiger als fossile Energieträger sein werden, und drittens, dass drastische Verbesserungen der Energieeffizienz zu geringen ökonomischen Kosten erreichbar sind.
Diese drei Annahmen sind jedoch höchst problematisch, und es wäre für die Klima- und Energiepolitik fatal, würden diese drei Hypothesen Teil eines politischen Mantras, um den gewaltigen politischen Herausforderungen einer globalen Klimapolitik auszuweichen. Unverzichtbar ist vielmehr ein Ordnungsrahmen, der die nötigen Anreize setzt - so mühsam dieser auch zu erreichen ist. Grünes Wachstum kann einen solchen Ordnungsrahmen nicht ersetzen. Es kann jedoch helfen, ihn zu schaffen.
Rohstoffknappheit könnte innovative Technologien fördern
Einige Beobachter hegen die Hoffnung, die Knappheit von Kohle, Öl und Gas werde die Weltwirtschaft zum Umstieg auf kohlenstoffarme Technologien, vor allem auf die erneuerbaren Energien, zwingen. In diesem Zusammenhang wird immer wieder darauf hingewiesen, dass trotz der Wirtschaftskrise der Ölpreis relativ konstant bei mehr als 100 Dollar verharrt. Zwar spricht vieles dafür, dass die Zeit des billigen Öls zu Ende geht. Es wäre jedoch ein fataler Fehlschluss, wollte man daraus ableiten, damit ginge auch schon das Zeitalter der fossilen Energieträger zu Ende. Denn wenn Öl knapper wird und der Ölpreis steigt, steigen auch die Investitionen in die Suche und Ausbeutung neuer Ölfelder, und der Abbau der Ölsande und sogar die Verflüssigung von Kohle als Ersatz für Öl werden rentabel.