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Trotz Kohleausstiegs : Kraftwerk Datteln 4 geht in den Regelbetrieb

  • Aktualisiert am

Nordrhein-Westfalen, Datteln: Rauch steigt aus dem Uniper-Kraftwerk Datteln 4. Das umstrittene Steinkohlekraftwerk in Nordrhein-Westfalen geht nach den Beschlüssen der Kohlekommission ans Netz. Bild: dpa

Deutschland hat den Kohleausstieg beschlossen. Dennoch geht das große Steinkohlekraftwerk nun in den kommerziellen Betrieb. Umwelt- und Klimaschützer sprechen von einem „Katastrophenprojekt“ und haben Proteste gegen den Start angekündigt.

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          Mehrere Umweltorganisationen wollen am Samstag gegen das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 demonstrieren. Anlass ist der Beginn des kommerziellen Betriebs des Kraftwerks. Bei der Polizei sind insgesamt zehn Versammlungen am Kraftwerksgelände angemeldet. Demonstrieren wollen unter anderem die Klimabewegung Fridays for Future sowie Greenpeace.

          Das Steinkohlekraftwerk im nördlichen Ruhrgebiet ist zum Symbol der Auseinandersetzung um die Energie- und Umweltpolitik in Deutschland geworden. „Die Inbetriebnahme eines neuen Kohlekraftwerks verdeutlicht das energiepolitische Versagen der schwarz-roten Bundesregierung in den vergangenen eineinhalb Jahren“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der „Rheinischen Post“ (Samstag). Es passe nicht zusammen, den Kohleausstieg einzuleiten und gleichzeitig ein neues Kohlekraftwerk ans Netz gehen zu lassen.

          Bundesregierung und NRW-Landesregierung betonen, dass im Gegenzug für Datteln 4 ältere Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden. Dadurch würden die zusätzlichen Kohlendioxid-Emissionen von Datteln 4 kompensiert. Das sei sinnvoller, als eine hohe Entschädigung zu zahlen. Durch die Inbetriebnahme von Datteln 4 sei nicht mit Mehremissionen zu rechnen. Betreiber Uniper will bis Ende 2025 seine übrigen Steinkohlekraftwerke in Deutschland abschalten.

          Mehrheit der Bevölkerung lehnt Inbetriebnahme ab

          Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hatte empfohlen, für bereits gebaute aber noch nicht im Betrieb befindliche Kraftwerke eine Verhandlungslösung zu suchen, um sie nicht in Betrieb zu nehmen. Die Umweltverbände sehen deshalb im Ja der Bundesregierung zu Datteln 4 einen Verstoß gegen die Beschlüsse der Kommission.

          Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer von der Bewegung Fridays for Future kündigte Widerstand gegen die Inbetriebnahme an. „Wir werden uns jetzt erst recht gegen dieses Katastrophenprojekt wehren. Unnachgiebig – bis Datteln 4 vom Netz geht“, sagte sie der „Rheinischen Post“.

          Einer Umfrage für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zufolge lehnt eine klare Mehrheit der Bevölkerung den Betrieb des Kraftwerks ab. In der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar hätten 63 Prozent der Befragten erklärt, sie hielten die Inbetriebnahme für falsch, teilte der BUND mit. Nur 25 Prozent hielten sie für richtig.

          Der Beginn des kommerziellen Betriebs des Kraftwerks ist nur ein formaler Schritt. Das Kraftwerk hat im Probebetrieb bereits in den vergangenen Monaten erhebliche Mengen Strom ins Netz eingespeist. Datteln 4 ist erst jetzt betriebsbereit, weil es in der Planungs- und Bauphase zahlreiche Pannen gab. Ursprünglich sollte der 1100-Megawatt-Block bereits Ende 2010 ans Netz gehen. Doch wegen gravierender Fehler im Genehmigungsverfahren legte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen große Teile der Baustelle zeitweise still. Später gab es schwere Baumängel. Uniper hat Strom aus Datteln zu großen Teilen auf mehrere Jahre im Voraus an den Stromkonzern RWE und die Deutsche Bahn verkauft. RWE hat bisher vergeblich versucht, vor Gerichten aus den Verträgen herauszukommen.

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