OECD-Chef fordert : „Wir brauchen eine dicke fette CO2-Steuer“
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OECD-Generalsekretär Angel Gurría Bild: EPA
Der scheidende OECD-Generalsekretär Angel Gurría fordert, den Neustart nach der Pandemie für den Klimaschutz zu nutzen. Schmutzige „Zombie“-Unternehmen will er pleite gehen lassen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist normalerweise für nüchterne Analysen in diplomatischem Ton bekannt. Am Mittwoch aber hat der scheidende Generalsekretär, der Mexikaner Angel Gurría, mal kein Blatt vor den Mund genommen. „Herr Minister, wir brauchen eine dicken fetten Preis auf den CO2-Ausstoß, deshalb brauchen wir eine dicke fette Steuer auf den CO2-Ausstoß, die im Zeitverlauf auch dicker und fetter wird“, sagte er in einer Online-Konferenz mit dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminister Daniele Franco, dessen Land derzeit die Präsidentschaft der G20-Länder inne hat.
Klimaschutz ist eines der Themen, auf das Gurría seine Organisation seit einigen Jahren eingeschworen hat. Ob sein im Juni antretender Nachfolger Mathias Cormann aus dem Kohleexport-Land Australien diesen Kurs fortsetzt, wird sich zeigen. Unter den OECD- und G20-Ländern ist es umstritten, ob der CO2-Ausstoß durch Steuern oder – mit mehr marktwirtschaftlicher Ausrichtung – durch einen Preis im Zuge eines Handelssystems belastet werden soll. Ob darüber überhaupt eine internationale Einigung erreicht werden kann, ist ebenfalls noch offen. Nicht wenige Regierungen fürchten, sollte es unterschiedliche Belastungen über die Staatengrenzen hinweg geben, Wettbewerbsnachteile für ihr eigenes Land oder eine zu hohe Belastung im Fall einer internationalen Einigung.
Subventionen für fossile Brennstoffe steigen
Gurría betonte, dass die Pandemie-Krise eine Chance für einen Neustart biete, bei dem besonders die ökologische Nachhaltigkeit nicht vergessen werden dürfe. Doch „wir sind weit von unseren Zielen entfernt“.
Die OECD sorgt sich, weil Subventionen für fossile Brennstoffe in den 44 OECD- und G20-Ländern nach einem fünfjährigen Rückgang im Jahr 2019 wieder angestiegen sind, vor allem in Nordamerika. „2020 scheint sich dieser Trend fortzusetzen, nicht zuletzt weil Regierungen die entsprechenden Industrien in der Corona-Krise mit Hilfen unterstützten“, schreibt die Organisation.
80 Prozent der globalen CO2-Emissionen stammten von den OECD- und G20-Staaten, doch die Verursacher würden dafür finanziell noch immer zu wenig herangezogen. Für 81 Prozent des Schadstoff-Ausstoßes der OECD- und G20-Länder entstünden für die Verursacher nur Belastungen von weniger als 60 Euro je Tonne CO2. Dieser Wert bezieht sich auf Verbrauchssteuern auf fossile Brennstoffe, CO2-Steuern und Preise für Emissionszertifikate.
Schmutzige „Zombie“-Unternehmen
Bei einem Großteil würde sogar der Wert von 30 Euro unterschritten. Die Grenze von 60 Euro je Tonne haben Fachleute geschätzt: „Dieser Preis zeigt, dass ein Land auf gutem Weg ist, die Ziele des Klimaschutzabkommens bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen“, schreibt die OECD in ihrem am Mittwoch vorgelegten Bericht „Going for Growth“.
Durchschnittlich hätten die 44 OECD- und G20-Länder also nur 19 Prozent dieses Zielwerts erreicht. Deutschland liegt bei 41 Prozent. Spitzenreiter seien die Schweiz, Luxemburg und Norwegen mit rund 70 Prozent.
Die OECD erinnert auch daran, dass die Wirtschaftsprogramme für die Erholung nach der Finanzkrise von 2008/2009 nicht nur zur Unterstützung vieler „Zombie“-Unternehmen geführt habe, deren Überleben lediglich durch Subventionen gewährleistet wurde, sondern dass „dieses Phänomen bei schwer verschmutzenden Unternehmen noch ausgeprägter war“. Daher könne man davon ausgehen, dass die Finanzkrise und die Reaktionen der Regierungen darauf die notwendige Restrukturierung in umweltschädlichen Industrien verlangsamt habe. Das gelte es bei der erwarteten Erholung nach der Gesundheitskrise zu vermeiden.