Nord Stream 2 : Wirtschaft fordert Hilfe gegen Amerikas Sanktionsdrohungen
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Das Verlegeschiff Akademik Cherskiy im Hafen von Mukran auf der Insel Rügen Bild: Reuters
Die am Bau von Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen rufen nach einer politischen Antwort an Washington. Die Fertigstellung der Gaspipeline sei „eine Frage der europäischen Souveränität“.
Die unter amerikanischen Sanktionsdrohung stehenden europäischen, am Bau der Gasleitung Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen beklagen eine fehlende Unterstützung durch die Politik. Letztlich gehe es in dem Streit um die Frage, inwieweit sich Europa für seine Souveränität und Unabhängigkeit, insbesondere in der Energieversorgung des Kontinents einsetzen werde, sagte der Vorstandsvorsitzende des österreichischen Energiekonzerns OMV, Rainer Seele am Dienstag in Wien.
Die politische Initiative aus Washington bedürfe einer politischen Antwort. Das sei nicht Sache der Unternehmen. Seele fügte hinzu: „Allerdings erwarten wir als europäisches Unternehmen, dass die Politik sich dafür einsetzt, dass der Investitionsstandort Europa nicht an Attraktivität verliert.“ Das Leitungprojekt ist auch in der EU umstritten, die Kommission lehnt es ab, weil Förderung und Transport nicht in einer Hand sein sollen.
OMV gehört mit Wintershall Dea, Uniper, Shell und Engie zu jenen westeuropäischen Investoren, die den vom russischen Staatskonzern Gasprom organisierten Bau und Betrieb der Leitung mitfinanzieren. Sie tragen die Hälfte der Kosten an dem knapp 10 Milliarden Euro teuren Projekt. Sie alle und weitere Unternehmen stehen nun unter Sanktionsandrohungen der Vereinigten Staaten, die den Bau der Leitung und die damit verbundenen wirtschaftliche Stärkung Russlands ablehnen.
„Wollen wir das durch einen Einfluss aus Drittländern in Frage stellen?“
Amerikas Außenminister Mike Pompeo hatte vorige Woche erklärt, die Ostsee-Pipeline, die Gas von Russland nach Deutschland transportieren soll, falle fortan unter ein Gesetz, das Strafmaßnahmen unter anderem gegen Unternehmen ermögliche, die Geschäfte mit Russland oder Staaten wie Iran und Nordkorea machten. Die Bundesregierung stellt daraufhin zum wiederholten Mal fest, sie lehne extraterritoriale Sanktionen ab, weil diese „völkerrechtswidrig“ seien. Die deutsche Wirtschaft hatte die Drohungen als „unfassbaren Tiefpunkt in den transatlantischen Beziehungen“ gebrandmarkt.
Seele sagte, die Sanktionen, an die sich OMV halten werde, gingen weit über das Gasleitungsprojekt hinaus. Die von der Trump-Administration angedrohten, aber auch von Senatoren der oppositionellen Demokraten unterstützten Strafmaßnahmen stellten vielmehr die Investitionssicherheit in Europa insgesamt in Frage.
„Wenn wir Milliardensummen in ein Projekt investieren, das entsprechend aller Gesetze und Regeln Europas durchgeführt wird, dann müssen wir uns wirklich fragen: Wollen wir das dann durch einen Einfluss aus Drittländern in Frage stellen?“ Der frühere Vorstandschef des mit BASF verbundenen Öl- und Gaskonzerns Wintershall Dea stellt die Frage: „In wie weit können Investoren überzeugt sein, in einen solchen Wirtschaftsstandort in Europa zu investieren?“
In allen Punkten konform
„Mit Bedauern“ stellt auch der Energiekonzern Uniper fest, dass Amerika „weiterhin versucht, ein wichtiges Infrastrukturprojekt zu untergraben, das unserer Meinung nach für die Energiesicherheit Europas wichtig ist“. Zwar sei der Druck auf Nord Stream 2 von der Regierung verstärkt worden, jedoch seien noch keine konkreten Sanktionen veranlasst worden. Deshalb gehe man weiter davon aus, dass Investitionen, die vor dem 15. Juli getätigt wurden, nicht unter die neue sogenannte „Grandfathering-Regelung“ fielen.
Ob es Gespräche mit amerikanischen Unterhändlern gegeben hat, kommentiert die mehrheitlich zum finnischen Staatskonzern Fortum gehörende Uniper nicht. Man sei weiterhin mit „den relevanten offiziellen Stellen im Austausch“, teilte ein Sprecher auf Anfrage der F.A.Z. mit.
Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF beobachtet die Entwicklung wegen seiner Anteile an Wintershall Dea. Der Nord-Stream-2-Finanzpartner sei in allen Punkten mit den Regelungen von 2017 als auch mit den am 15. Juli aktualisierten Erlassen der Amerikaner konform, sagte der stellvertretende BASF-Vorstandschef Hans-Ulrich Engel, der auch dem Aufsichtsrat von Wintershall Dea vorsitzt.