Energiewende : Mini-Atomkraftwerke für den Klimaschutz
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Parteiübergreifende Unterstützung in Washington
Doch trotz der Misere bei konventionellen großen Atomkraftwerken setzen amerikanische Politiker in seltener parteiübergreifender Einmütigkeit auf die neuen Mini-Reaktoren. „Dafür gibt es von Republikanern wie Demokraten erhebliche Unterstützung“, sagt etwa Niko McMurray, ein Atomkraft-Experte der Denkfabrik Clearpath Foundation aus Washington, die sich nach eigenen Angaben für „konservative saubere Energie“ einsetzt. Die Entwicklung von SMR-Reaktoren wurde von Washington schon während der Regierungszeit von Barack Obama staatlich gefördert.
Der Republikaner Trump hielt daran fest. Erst im Oktober gewährte das Energieministerium dem Nukleartechnologie-Unternehmen Nuscale aus Oregon Subventionen von 1,4 Milliarden Dollar, um den Testbetrieb von SMR-Anlagen zu ermöglichen. Biden wiederum denkt über die Gründung einer neuen Regierungsagentur namens Arpa-C nach, die grüne Innovationen für den Klimaschutz und auch die Nukleartechnik voranbringen soll.
Auch Bill Gates setzt auf die Mini-Atomkraftwerke. Der Multimilliardär und Microsoft-Mitgründer hat schon vor vielen Jahren das Nuklearunternehmen Terrapower aus der Taufe gehoben, das an der SMR-Technik arbeitet. Gates, der Verwaltungsratschef von Terrapower ist, geht es dabei nach eigener Aussage um den Klimaschutz: Er hält die Weiterentwicklung der Atomkraft für einen wichtigen Hebel im Kampf gegen die Erderwärmung. Ein Argument lautet dabei, dass die Kosten für Wind- und Sonnenstrom in den vergangenen Jahren zwar rapide gefallen sind. Doch die Stromerzeugung mit Windrädern und Photovoltaik-Anlagen schwankt relativ stark, je nachdem ob die Sonne scheint und der Wind weht – oder eben nicht. In solchen Flautenzeiten könnten die Mini-Reaktoren aushelfen.
Angst vor Tausenden SMR-Kraftwerken
Denn während die großen Atomkraftwerke in ihrer Stromerzeugung häufig relativ unflexibel sind, können die kleinen SMR-Anlagen bei Bedarf schneller reagieren. „Sie sind flexibler, die erzeugte Strommenge kann bei Bedarf schneller hoch- und runtergefahren werden“, sagt Stefano Monti von der IAEA. Bisher sorgen vor allem klimaschädliche Gas- und Kohlekraftwerke für den Puffer in Flautenzeiten. Die Mini-Meiler wären eine emissionsarme Alternative dazu.
Kritiker halten dem entgegen, dass die neuen Kleinkraftwerke mit ähnlichen Sicherheitsrisiken behaftet seien wie konventionelle Großreaktoren - mal ganz abgesehen vom noch immer weitgehend ungelösten Endlagerproblem für hochradioaktiven Abfall. „Wenn man eine einzelne SMR-Anlage betrachtet, ist zwar weniger nukleares Material enthalten, das bei einem Unfall freigesetzt werden könnte“, sagt beispielsweise der Atomkraftexperte Christoph Pistner vom Öko-Institut in Darmstadt. Aber um auf dieselbe Leistung wie ein großes Kraftwerk zu kommen, brauche es eben auch ein Vielfaches an SMR-Anlagen. „Dadurch wiederum könnte das Risiko wachsen“, warnt Pistner. Derzeit gebe es rund 440 kommerzielle Atomkraftwerke auf der Welt, rechnet Pistner vor. „Damit die SMR-Technik einen signifikanten Beitrag zu Stromerzeugung leisten könnte, müssten womöglich Tausende solcher Anlagen gebaut werden.“ Für Atomkraftgegner ist das der Stoff, aus dem Albträume gemacht werden.