Strukturwandel : Ansturm auf die Klimaschutz-Milliarden
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Mit staatlichem Kaufanreiz: Neue Elektroautos von Volkswagen auf einem Parkplatz vor dem Zwickauer Werk Bild: dpa
Ob Kaufprämien für Elektroautos, Zuschüsse zu neuen Heizungen oder Fördermittel für Batteriefabriken: Die Programme erfreuen sich reger Nachfrage. Für den Steuerzahler geht das ins Geld.
Ohne staatliche Anschubhilfe wird der Weg zur Klimaneutralität schwierig – aus dieser politischen Erkenntnis ist in den vergangenen Jahren eine Reihe von Förderprogrammen entstanden. Diese werden rege genutzt, wie nun veröffentlichte Abrufzahlen zeigen. Ein Beispiel ist die Kaufprämie für Elektroautos. Die Zahl der Anträge stieg 2021 um mehr als das Doppelte auf mehr als 585.000, teilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit. Ausgezahlt hat die Behörde mehr als 3 Milliarden Euro an Fördermitteln. Dies entspreche dem 4,7-Fachen der ausgezahlten Summe des vergangenen Jahres. Insgesamt wurden seit Beginn der Förderung im Jahr 2016 rund eine Million Anträge gestellt.
Im Juli vergangenen Jahres waren die Kaufprämien deutlich erhöht worden. Für reine Elektroautos erhalten Käufer vom Bund und den Herstellern seitdem bis zu 9000 Euro. Für Plug-in-Hybride, die auch über einen Verbrennermotor verfügen, gibt es bis zu 6750 Euro. Die Kaufprämien sind politisch umstritten, vor allem jene für die Hybridfahrzeuge. Der neue Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) hat das bisherige Prämiensystem zwar gerade bis Ende kommenden Jahres verlängert, weil Käufer von Elektroautos oft Monate auf ihre Fahrzeuge warten müssen. Dann soll es jedoch ein stärker auf den Klimaschutz ausgerichtetes Förderschema geben.
Von August 2023 an, so steht es im Koalitionsvertrag, sollen nur noch Fahrzeuge gefördert werden, die mindestens 80 Kilometer mit dem elektrischen Antrieb schaffen – eine Maßgabe, die viele Modelle heute noch nicht erfüllen. Für 2022 liegt die Zugangshürde nur bei 60 Kilometern elektrischer Mindestreichweite. Nach 2025 sollen die Kaufprämien nach dem Willen von SPD, Grünen und FDP dann ganz entfallen.
11,5 Milliarden Euro für Sanierungen von Gebäuden
Auf rege Nachfrage stoßen auch die Programme zur energetischen Gebäudesanierung. Auch dort sind die abgerufenen Mittel 2021 auf einen Rekordwert gestiegen, wie das BAFA mitteilte. 1,45 Milliarden Euro wurden demnach ausgezahlt. Dies sei rund 2,6-mal so viel wie im Vorjahr. Bewilligt wurde sogar deutlich mehr: 5,3 Milliarden Euro, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Üblich ist, dass das Geld mit der Bewilligung eines Antrags zunächst reserviert wird. Ausgezahlt wird es dann, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen und die Immobilieneigentümer entsprechende Nachweise eingereicht haben.
Der größte Anteil entfällt nach Angaben der Behörde auf die Bundesförderung für effiziente Gebäude. Darüber werden etwa der Einbau neuer Heizungsanlagen oder die Dämmung von Außenwänden gefördert. Vor allem Wärmepumpen und Biomasseanlagen seien gefragt gewesen, hieß es. Fast 94.000 alte Ölheizungen seien mithilfe der Förderung gegen eine klimafreundliche Alternative ausgetauscht worden. Je nach Maßnahme und deren Energieeffizienz können Immobilieneigentümer bis zu 50 Prozent der Kosten als Zuschuss erhalten. Ende September hatte die große Koalition beschlossen, die Mittel für das im Juli aufgelegte „Sofortprogramm Gebäude“ um 5,7 auf 11,5 Milliarden Euro nahezu zu verdoppeln. Hintergrund ist, dass der Gebäudebereich 2020 als einziger Wirtschaftszweig die für ihn vorgesehenen CO2-Einsparziele nicht erreicht hatte.
Auch aus den speziell für den Strukturwandel in der Industrie aufgelegten Programmen ist in diesem Jahr viel Geld abgeflossen. So erhielt der Rüsselsheimer Autohersteller Opel Anfang September einen Förderbescheid über 437 Millionen Euro. Das Geld stammt aus dem europäischen IPCEI-Programm für den Aufbau einer Batteriezellenproduktion in Europa. Das bislang auf Verbrenner ausgerichtete Opel-Werk in Kaiserslautern soll entsprechend umgerüstet werden. Nur der amerikanische Autohersteller Tesla winkte kürzlich ab, obwohl er 1 Milliarde Euro Fördermittel für seine im Bau befindliche Batteriefabrik im brandenburgischen Grünheide in Aussicht hatte. Warum, ist unklar. Auf die frei gewordenen Mittel können sich jetzt andere Unternehmen bewerben.