
Urteil zum Atomausstieg : Bitter nötig
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Wegen des beschleunigten Atomausstiegs klagte der Energiekonzern Vattenfall bereits das zweite Mal in Karlsruhe. Bild: dpa
Auch Energiekonzerne haben Rechte. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts ist es höchste Zeit, dass der Bundestag seine Hausaufgaben macht. Eins ist sicher: Die Energiewende wird teurer.
Atomkonzerne rangieren in der Beliebtheitsskala der deutschen Gesellschaft ganz weit unten, vermutlich spielen sie in einer Liga mit Tabakkonzernen und Waffenherstellern. Deshalb scheint es für einige schwer verständlich, dass sie Rechte haben, die sie vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigen können. Noch unverständlicher scheint zu sein, dass die Karlsruher Richter ihnen tatsächlich auch recht geben, nicht einmal, sondern im Fall des schwedischen Konzerns Vattenfall mittlerweile schon zum zweiten Mal. Das allerdings ist bitter nötig, denn unglücklicherweise gehörte ausgerechnet die Bundesregierung in diesem Fall zu denen, die meinen, eigenmächtig entscheiden zu können, wen sie wie mit Ausgleichszahlungen beglücken – und wen nicht.
Wieder einmal mussten die Verfassungsrichter feststellen, dass Bundesregierung und Bundestag Vattenfall und die anderen betroffenen Energieunternehmen durch den hastig beschlossenen Atomausstieg nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima in ihren Eigentumsrechten verletzt haben. Das macht die Energiewende natürlich nicht rückgängig, alles andere wäre einer notorisch kernkraftmüden Bevölkerung auch schwer vermittelbar. Aber es macht sie teurer. Bisher hat Berlin versucht, den Schaden mit einem untauglichen Gesetz zu begrenzen; dabei ist das Parlament bestenfalls dilettantisch, schlimmstenfalls böswillig vorgegangen und hat die Sache damit unnötig in die Länge gezogen.
Derweil wird immer klarer: Womöglich muss der Staat wegen des Zickzackkurses in der Energiepolitik Entschädigungen in Millionen-, wenn nicht gar Milliardenhöhe hinterherschieben. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht einmal das einzige Eisen, das Vattenfall in der Sache schmiedet: Die Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichts steht noch aus. Das mag schmerzhaft sein. Noch schmerzhafter ist jedoch die Weigerung eines Rechtsstaats, die Vorgaben der Verfassungsrichter zu beachten. Es ist deshalb höchste Zeit, dass der Bundestag seine Hausaufgaben macht. Dieses Mal allerdings richtig.
