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Kernenergie in Tschechien : Ausschreibung für neues Atomkraftwerk verschoben

Das Atomkraftwerk Dukovany Bild: Reuters

In der Tschechischen Republik soll eine neues Atomkraftwerk gebaut werden. Doch die Parteien sind drüber zerstritten, wer zum Bau zugelassen werden soll. China macht schon Stress.

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          Die ursprünglich für den Jahresanfang geplante Ausschreibung für den Neubau eines Atomkraftwerks mit 1200 Megawatt Leistung im tschechischen Dukovany verzögert sich weiter. Sie solle jetzt erst nach der Parlamentswahl im Oktober und der folgenden Regierungsbildung begonnen werden, teilte der federführende Industrieminister Karel Havlíček mit. Um aber nicht weitere Zeit zu verlieren, will er schon jetzt mit vier Interessenten aus Korea, Amerika, Frankreich und Russland ein Präqualifizierungsverfahren beginnen. Das stieß auf mehrfachen Protest, nicht allein der chinesischen Botschaft, die es einen Verstoß gegen die wirtschaftliche Fairness nannte, dass dem Staatskonzern CGN aus Sicherheitsgründen die Teilnahme an der Ausschreibung versagt bleiben soll.

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

          Teile der Opposition, die im Parlament über die Stimmenmehrheit verfügt, wollen ebenfalls aus Sicherheitsgründen auch den russischen Bieter Rosatom ausgeschlossen wissen. Sie befürchten nun, dass dies nach dessen Beteiligung an der Vorqualifizierung womöglich nicht mehr möglich wäre. Die anderen drei Interessenten sind der französische Energiekonzern EdF, der südkoreanische Hersteller KNHP sowie das kanadisch-amerikanische Unternehmen Westinghouse.

          Formell wird das bis Ende November dauernde Vorverfahren von einer Tochtergesellschaft des halbstaatlichen Stromkonzerns ČEZ durchgeführt. ČEZ hatte nach den ursprünglichen Plänen 30 Prozent der auf 6 Milliarden Euro veranschlagten Baukosten tragen sollen. Das war unlängst dahingehend geändert worden, dass der Staat nun die gesamten Baukosten übernimmt. Die EU muss dem noch zustimmen, die Nachbarn im Westen und Südwesten, Deutschland und Österreich, verfolgen den Plan mit Skepsis.

          In Tschechien ist die Atomenergie nach Kohle die zweitwichtigste Quelle der Versorgung mit Elektrizität. Wegen des geplanten Ausstiegs aus der Kohle, als Datum ist spätestens 2038 im Gespräch, soll bis dahin die Atomkraftkapazität ausgebaut werden. Sie ist im Land weitgehend unumstritten und wird als CO2-freie Quelle der Energiegewinnung angesehen. Bis 2036 soll das neue Kraftwerk am Netz sein, 2029 mit dem Bau begonnen werden.

          Wirtschaftsvertreter wiesen darauf hin, dass die Ausschreibung ursprünglich bereits 2020 beginnen sollte. Sie fürchten nun, dass der Zeitplan gefährdet sei: „Es bleibt für uns wichtig, dass die Ausschreibung so bald wie möglich angekündigt wird und die rechtzeitige Inbetriebnahme nicht gefährdet wird, wir brauchen unseren Energiemix“, sagte der Präsident des Industrie- und Handelsverbands Jaroslav Hanák. Minister Havlíček sieht den Zeitplan durch die Verschiebung der Ausschreibung auf die Zeit nach der Wahl – und damit vermutlich bis in das nächste Jahr – nicht als gefährdet an. Ladislav Kříž, Sprecher von ČEZ bestätige das: „Das Datum der Inbetriebnahme des neuen Kernkraftwerks im Jahr 2036 ist noch realistisch.“

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