EuGH-Urteil zur Störerhaftung : Keine anonyme W-Lan-Nutzung
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Gäste arbeiten in Berlin-Mitte im Cafe St. Oberholz an ihren Laptops im Internet. Bild: dpa
Das W-Lan ohne Passwort für andere öffnen? Das geht nach einem Urteil jetzt einfacher. Eine Einschränkung bleibt.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Verantwortlichkeit für offene Internetzugänge präzisiert: Künftig kann man zwar Dritten einen W-Lan-Zugang eröffnen, ohne Abmahnungen durch Anwälte zu befürchten. Allerdings hat sich das Gericht auch für Passwortschutz und die Identifizierung der Nutzer ausgesprochen.
Demnach haftet, wer einen Internetanschluss über W-Lan anbietet, zwar nicht auf Schadensersatz und muss auch keine Anwaltskosten begleichen, wenn etwa die Musikindustrie klagt. Allerdings kann der Betreiber nach Ansicht der Richter verpflichtet werden, die Identität der Nutzer abzufragen und den Zugang durch ein Passwort zu schützen.
So könne ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Geistigen Eigentum der Kreativindustrie, der unternehmerischen Freiheit der W-Lan-Betreiber und dem Informationsinteresse der Nutzer.
Funknetz nicht ausreichend gesichert
Auslöser in dem Fall ist Tobias McFadden, Netzaktivist und Mitglied der Piratenpartei. Er hatte in seinem Geschäft für Licht- und Tontechnik kostenlos ein öffentliches Funknetz eingerichtet, um Kunden anzulocken. Im Jahr 2010 bot ein Nutzer über dieses Netzwerk ein Musikwerk zum Herunterladen an; der Rechteinhaber Sony Music Entertainment zog vor Gericht, der Pirat sollte 800 Euro zahlen.
McFaddens Funknetz war nicht ausreichend gesichert, so dass er also möglicherweise mittelbar Sonys Rechte verletzte, entschied das Landgericht München I, legte den Fall aber den Luxemburger Richtern vor.
Das Europarecht schützt den Anbieter eines W-Lan-Hotspots. Wer lediglich Dritten die Informationsübertragung erlaubt, ohne selbst einzugreifen, haftet nämlich nicht, unterstrich der EuGH. Entsprechend kann Sony in solchen Fällen auch keine Abmahn- und Gerichtskosten verlangen.
Freiheit der Hotspots eingeschränkt
Anwälte hatten in der Vergangenheit in industriellem Ausmaß Urheberrechtsverletzungen abgemahnt und Anwaltskosten geltend gemacht. Das Problem führte bereits zur Begrenzung der Abmahnkosten durch den deutschen Gesetzgeber.
In einem anderen Punkt jedoch hat das Luxemburger Gericht die Freiheit der Hotspots eingeschränkt: Es hält die Einrichtung eines Passwortschutzes für den Internetzugang für gerechtfertigt. Damit Nutzer von Urheberrechtsverletzungen „abgeschreckt“ werden, sollen sie ihre Identität offenbaren müssen.
Der Gerichtsgutachter hatte das noch anders gesehen. Diese Maßnahmen müssen allerdings behördlich oder durch ein Gericht angeordnet werden.
Insofern könnten Rechteinhaber auch künftig gegen Betreiber wie McFadden vorgehen und diese zu besseren Sicherungsvorkehrungen verpflichten. In Deutschland hatte die große Koalition jüngst erst die „Störerhaftung“ des Wlan-Betreibers entschärft und insbesondere die Passwortpflicht aus dem Gesetz gestrichen.
Jedoch betrifft das Gesetz nach Ansicht vieler Rechtsgelehrter nur Schadensersatzansprüche, nicht jedoch Klagen auf Unterlassung. Es spricht daher vieles dafür, dass W-Lan-Betreiber auch künftig anwaltlich belangt werden können, wenn sie ihr Netzwerk nicht durch Passwort und Nutzer-Identifikation abgesichert haben.