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Karrieren : Was Powerfrauen wirklich wollen

Dieses Opting-out der Power-Frauen ist ein Phänomen, für das es keine konkreten Zahlen gibt. Diese Frauen werden nicht gezählt. Sie finden ihren Niederschlag nur in negativer Form in den Daten, die seit Jahren über Frauen in Führungspositionen zusammengetragen werden. Noch immer ist die Zahl von weiblichen Führungskräften in Deutschlands 200 größten Unternehmen verschwindend gering. 12,76 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder sind weiblich und gerade einmal 3,37 Prozent der Vorstandsmitglieder - eine vernichtende Bilanz nach Jahrzehnten der Diskussion. Kein Wunder, dass die Klagen nicht abreißen darüber, dass die Grundgesamtheit der Frauen, die für Top-Positionen in Frage kommen, zu klein sei.

Auf der Suche nach einem Umfeld der Wertschätzung

Die Soziologin Christiane Funken von der TU Berlin hat über die „Karrierekorrekturen beruflich erfolgreicher Frauen in der Lebensmitte“ eine Studie erstellt, die von der Bundesregierung veröffentlicht wurde. „Wirft man einen genauen Blick auf all die Managerinnen, die höchst erfolgreich sind, aber keine Top-Position besetzen, stellt man eine erstaunliche Paradoxie fest“, schreibt Funken. „Viele Frauen steigen auf dem Höhepunkt ihrer bis dahin beachtlichen Karriere aus.“ Funken hat unzählige Interviews geführt - mit einhelligem Tenor: Die Frauen wollten ihre Interessen, Überzeugungen, Erfahrungen und Begabungen nunmehr in einem Umfeld der Sinnhaftigkeit und Wertschätzung zur Geltung bringen, außerhalb von großen unternehmerischen Strukturen. Und auch Claudia Gather an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin forscht über diese Friktionen im Lebenslauf am Beispiel der Frauen, die sich in der Mitte des Lebens selbständig machen. Ihr Fazit: Es gibt eine ganze Reihe unter ihnen, die über Jahre spüren mussten, dass ihr Weg nach oben vor allem deshalb mühsam ist, weil sie nun einmal weiblich sind. Damit einher geht die zweite Motivation des Ausstiegs: eine höchst unbefriedigende Work-Life-Balance. Zu wenig positives Lebensgefühl und zu wenig inhaltliche Erfüllung angesichts der Anstrengung auf dem Weg nach oben. „No return on investment“, sagt Funken.

Diese Neuorientierung ist nicht ausschließlich ein weibliches Phänomen. Doch sind Frauen erstens eher bereit, daraus die Konsequenzen zu ziehen. Und zweitens ist es um sie vor dem Hintergrund eines Reservoirs potentieller weiblicher Top-Führungskräfte besonders schade. Die Unternehmen, die dabei sind, sich selbst auf Quoten oder Zielkorridore weiblicher Präsenz in Führungsfunktionen festzulegen, sind gerade auf diese Frauen angewiesen.

Nur, was passiert hier wirklich? Karin Arnold, die es als Partnerin bei der internationalen Anwaltskanzlei Hogan Lovells ganz nach oben geschafft hat, sagt: „Es gibt eine Phase, in der man als berufstätige Frau Erfolg zunehmend nicht mehr an den klassischen Kriterien wie Geld oder Macht festmacht, sondern an anderen Dingen.“ Man suche nach Inhalten, die einen inspirieren - oder einfach glücklich machen. „Bei denen man ganz bei sich sein kann“, sagt Arnold. In ihrem Fall ist das natürlich die rechtliche Beratung auf Themengebieten, die sie besonders interessieren, und von Mandanten, die sie durch ihre Expertise weiterbringen kann. Das heißt: Frauen definieren Erfolg plötzlich neu. Und das ganz für sich selbst. „Diese Neudefinition jenseits der klassischen Kriterien wird den Frauen allerdings zu oft noch als Schwäche ausgelegt. Dabei handelt es sich nicht um Schwäche, sondern Stärke, die sich in einem Zugewinn an innerer Unabhängigkeit niederschlägt“, sagt Arnold.

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