Nach Vakzin-Zulassung : Britische Vorfreude „auf einen Sommer, den alle genießen“
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Ein Fläschen mit Corona-Impfstoff vom Biontech Bild: dpa
Noch vor der EU und Amerika hat Großbritannien den Corona-Impfstoff von Pfizer und Biontech zugelassen. Wie aber organisiert das Land die Massenimpfung?
Nachdem in Großbritannien die Pharmaunternehmen Pfizer und Biontech die Notfallzulassung für ihren gemeinsam entwickelten Corona-Impfstoff erhalten haben, stellt sich die Frage, wie schnell die Massenimpfung dort beginnen kann und wie sie organisiert wird. Schon Anfang nächster Woche wird der britische Gesundheitsdienst NHS das Programm zur massenhaften Impfung starten, teilte der Gesundheitsminister Matt Hanckock am Mittwoch in London mit. Er nannte die Zulassung des Impfstoffs eine „phantastische Nachricht“. Die „scharf unabhängige Regulierungsbehörde“ habe die klinischen Tests geprüft und das Impfprogramm zugelassen, sagte Hancock dem Fernsehsender Sky News. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums betonte, der NHS habe jahrzehntelange Erfahrungen mit Massenimpfprogrammen. Dafür gebe es schon intensive Vorbereitungen.
Bis zu 50 große Impfzentren im ganzen Land sind in Planung. Die Regierung hat Telekommunikationsanbieter wie BT und Virgin Media aufgefordert, Breitband-Internetverbindungen zu verlegen, damit die Zentren an die Kommunikationssysteme angeschlossen werden können. Innerhalb einer Woche sollen die Zentren arbeitsfähig sein.
Das Militär hilft beim Aufbau der Impfzentren
In Bristol, gegenwärtig einer der am stärksten von Corona-Infektionen betroffenen Städte, wird im zentralen Sportstadion Ashton Gate und angrenzenden Parkplätzen in allergrößter Eile ein Impfzentrum errichtet. Auch das Militär ist zur Unterstützung der Aufbauarbeiten im Einsatz. Nach Einschätzung des North Bristol Hospital NHS Trust könnten von nächster Woche an wöchentlich zwischen 75.000 und 110.000 Personen aus Bristol und Umgebung die Impfungen erhalten. Sieben Tage die Woche und zwölf Stunden am Tag soll gearbeitet werden. Menschen über 50 Jahre und aus anderen Risikogruppen sollen zuerst Zugang zur Impfung erhalten.
Gesundheitsminister Hancock sagte der BBC, er sei nun zuversichtlich, dass es dem Land „vom Frühjahr, von Ostern an, besser gehen“ werde. Man könne sich „auf einen Sommer, den alle genießen“, freuen.
Wie in anderen Ländern auch zeigt sich in Großbritannien indes ein Teil der Bevölkerung äußerst impf-skeptisch und könnte sich verweigern. Daher war spekuliert worden, ob ein „Immunitätspass“ für Geimpfte eingeführt werde. „Wir schauen uns diese Technologie an“, hatte der neue Impf-Minister Nadhim Zahawi am Montag gesagt. Nur mit diesem „Impfpass“-Nachweis könnten man dann in Pubs, Bars, Restaurants oder Kinos gehen. Impf-Verweigerer hätten weniger Möglichkeiten des sozialen Lebens.
Kabinettsbürominister Michael Gove wiegelte einen Tag später ab, dass es keine derartigen Pläne gebe. „Ich plane sicherlich kein Einführung eines Impfpasses und ich kenne niemanden, der es tut.“ Die Impfung werde nur in der Akte des Allgemeinarztes vermerkt. Wichtig sei aber, dass sich so viele Menschen wie möglich so schnell wie möglich impfen ließen. Aus der Regierung sind aber auch andere Stimmen zu hören. Das Verkehrsministerium hatte von „Impf-Stempeln“ gesprochen, die Passagiere etwa für Flüge benötigen könnten.
Der deutsche Botschafter in London, Andreas Michaelis, hat derweil die Briten daran erinnert, dass der nun zugelassene Impfstoff keine Erfindung aus Großbritannien war. „Warum ist es so schwer, diesen Schritt nach vorne als großartige internationale Anstrengung und Erfolg anzuerkennen?“, schrieb der Diplomat auf Twitter. Obwohl die deutsche Firma Biontech einen entscheidenden Beitrag geleistet habe, sei das keine nationale Geschichte, sondern „europäisch und transatlantisch“, so der Botschafter. Er antwortete damit auf einen Tweet des britischen Wirtschaftsministers Alok Sharma, der verkündete: „Großbritannien war das erste Land, das einen Vertrag mit Pfizer/Biontech geschlossen hat – jetzt werden wir die ersten sein, die den Impfstoff einsetzen.“ Großbritanniens Gesundheitsminister Matt Hancock hatte zuvor den Brexit als einen Faktor genannt, warum der Impfstoff in Großbritannien schneller zugelassen werden konnte als in der EU.