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Jeroen Dijsselbloem : Im ersten Durchgang fehlerlos

Jeroen Dijsselbloem - gesprochen: „Deii-sseel-bluum“ Bild: AFP

Der neue Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem vermeidet beim ersten Auftritt die Fettnäpfchen. Er äußert nur Allgemeinplätze - und fast alle sind zufrieden.

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          „Deii-sseel-bluum.“ Nicht jeder kann den Namen des neuen Chefs der Eurogruppe schon so gut aussprechen wie sein Vorgänger Jean-Claude Juncker - schon gar nicht Währungskommissar Olli Rehn, der in der Pressekonferenz am späten Montagabend Glückwünsche an „Se-ro-en Deisselbumm“ murmelt und von Juncker korrigiert werden muss. Aber nur der Versprecher trübt den Eindruck, den die Eurofinanzminister von der Stabübergabe vermitteln wollen: Business as usual. Weder Feierstimmung noch Abschiedstränen sind angesagt. Dafür gab und gibt es zu viel Arbeit.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Bevor er den niederländischen Finanzminister überhaupt erwähnt, leiert Juncker noch einmal in gebührender Länge die immergleichen Gesprächsthemen des Ministertreffens herunter: die wirtschaftliche Lage im Euroraum, der Stand der Dinge in Griechenland, in Zypern, in Spanien, in Portugal, in Irland, die längst nicht beendeten Detailverhandlungen zur Direktrekapitalisierung von Banken durch den Krisenfonds ESM. Dessen Chef Klaus Regling lässt sich anschließend in lähmender Ausführlichkeit über die Markttransaktionen seines Fonds seit Jahresbeginn aus.

          Dijsselbloem legt sich inhaltlich nicht fest

          Als der Niederländer schließlich zu Wort kommt, gibt er sich ähnlich geschäftsmäßig und berichtet schon fast routiniert über den Arbeitsplan für die Eurogruppe, der ihm abverlangt worden war. Der enthält alle naheliegenden Themen und Phrasen. Dijsselbloem vermeidet mit Eloquenz den Fehler, sich inhaltlich festzulegen, und umgeht so jedes drohende Fettnäpfchen. Jede Einteilung des Euroraums in Nord und Süd, in „Triple A“- und „Nicht-Triple-A-Staaten“ sei wenig hilfreich - „wir sind eine Währungsunion“. Solidarität und solide Staatshaushalte schlössen sich nicht aus -, „eine nachhaltige Finanzpolitik ist geradezu Voraussetzung für Solidarität“.

          Der französische Finanzminster Pierre Moscovici, der noch vor kurzem in dieser Zeitung vom Niederländer eine „Vision“ zur künftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik im Euroraum verlangt und eine Verschiebung von dessen Ernennung gefordert hatte, ist mit diesen Allgemeinplätzen offenbar einverstanden. Er lobt den neuen Vorsitzenden dafür, dass er sein Programm einige Minuten lang auch auf Französisch vorgestellt habe. Mehr noch: Er, Moscovici, müsse ihn nicht Niederländisch „Jeroen“ nennen, sondern dürfe französisch „Jérôme“ sagen. Ein wenig vergiftetes Lob schiebt der Franzose noch nach: Dijsselbloem sei „jung“ und wolle „erfolgreich sein“.

          Spanien verweigert zwar die Zustimmung, hat aber nichts gegen ihn persönlich

          Der spanische Ressortchef Luis de Guindos verweigert dem Niederländer zwar die Zustimmung, begründet dies aber ausdrücklich nicht mit dessen Person. Er will aus Prinzip eine einstimmige Entscheidung verhindern. Aus demselben Grund hatte er im vergangenen Herbst auch der Wahl des luxemburgischen Notenbankchefs Yves Mersch ins Direktorium der Europäischen Zentralbank nicht zugestimmt - die Spanier sind verstimmt, weil sie derzeit in den Spitzengremien der EU und des Euroraums unterrepräsentiert sind. Gute Zusammenarbeit sagt de Guindos dennoch zu.

          Der Abschied des Luxemburgers aus der Eurogruppe vollzieht sich ähnlich geschäftsmäßig wie Dijsselbloems Einstieg. Rehn ringt sich ein Lob auf den „proaktiven Brückenbauer“ Juncker ab, nur der sonst nicht zum Pathos neigende Regling nennt ihn einen „wahren und großen Europäer dieser Zeit“. Dem liegt am Ende noch ein Gedanke am Herzen. Die Art und Weise, wie die Menschen in Griechenland, Portugal und Irland die Folgen der Reformen ertrügen, nötige ihm großen Respekt ab. Sie müssten dafür am Ende belohnt werden. Eine Bilanz seiner acht Jahre an der Spitze der Eurogruppe will Juncker an diesem Abend nicht ziehen. „Die wird aber noch kommen.“ Es klingt wie eine Drohung.

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