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Neuer Gesetzentwurf : Spahns Beitragsentlastung für Rentner steht auf der Kippe

  • -Aktualisiert am

Jens Spahn bei einer Rede im Bundestag im Januar. Bild: EPA

Ein Loch in den Kassen könnte die Pläne für das Betriebsrentenpaket des Gesundheitsministers zu Fall bringen. Manch einer in der Koalition wäre darüber wohl nicht wirklich traurig.

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          Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war wieder sehr schnell. Anfang Dezember hatte der CDU-Parteitag beschlossen, die Betriebsrentner künftig zu schonen und auf Betriebsrenten nicht mehr den vollen, sondern nur den halben Beitragssatz zur Krankenversicherung zu verlangen. Ende Januar lag der Entwurf für das Gesetz vor. Spahn zeigt der Partei, die ihn nicht zum Vorsitzenden gewählt hat, dass er dennoch liefert. Und das, obwohl er sich früher eher zurückhaltend zu dem umstrittenen Vorhaben geäußert hatte.

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

          Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: das Recht und die Kosten. Zum einen haben höchste Gerichte die von den Betriebsrentnern lautstark beklagte Regel bestätigt. Darauf weist Spahns Gesetzentwurf ausdrücklich hin. Dort findet sich auch der Hinweis, dass die Betriebsrente (und ähnliche Altersvorsorgeprodukte) aus Einkommen gebildet werde, auf das ausdrücklich keine Beitragssätze zur Sozialversicherung erhoben werden. Den Kassen entgingen deshalb jedes Jahr 1,3 Milliarden Euro. Warum Betriebsrenten künftig bei der Auszahlung nur mit dem halben Beitragssatz belegt werden sollen, erscheint systematisch wenig plausibel. Denn Bezieher der gesetzlichen Rente zahlen zweimal den halben Beitrag – beim Ansparen und bei der Auszahlung.

          Daneben spielen die Kosten eine wichtige Rolle. Spahn rechnet vor, dass die Betriebsrentner 6 Milliarden Euro im Jahr an die Kassen zahlen. Halbiert man den Betrag, entsteht den Kassen ein Loch von 3 Milliarden Euro. Das will der Minister mit 2,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln füllen. Diene das Gesetz doch der „gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die betriebliche Altersvorsorge zu fördern und Altersarmut zu bekämpfen“.

          Damit fehlen noch 500 Millionen Euro. Die sollen Kassen und Gesundheitsfonds beisteuern. Dazu will Spahn die Mindestreserve im Fonds um eine Milliarde Euro senken. Zudem erhöht er den Druck auf die Kassen, Reserven abzubauen. Kunden der Kassen, die den Beitragssatz nicht so stark senken, wie die Regierung es im Schnitt für möglich hält, sollen außer der Reihe kündigen können. Die Kassen müssen ihre Mitglieder darauf hinweisen. Das trifft nicht wenige. Zwei von drei Kassen haben im Januar den (Zusatz-)Beitrag nicht reduziert, obwohl er im Schnitt um 0,1 Punkte runterging. Manche Kassenvorstände sehen sich damit näher an der Pleite, es wird viel Widerstand erwartet.

          Der regt sich nicht nur dort. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigt keine Ambitionen, den Steuerzuschuss für die Kassen von 14,5 auf 17 Milliarden Euro aufzustocken. Auch Sozialminister Hubertus Heil (SPD) eilt Spahn nicht zu Hilfe, obwohl gerade die SPD, die 2004 das Recht verschärft hatte, Verbesserungen für Betriebsrentner verlangt. Vom dritten Koalitionspartner, der CSU, kommen grundsätzliche Signale, die eher gegen eine Reform der Beiträge auf Betriebsrenten sprechen. Auch die Arbeitgeber lehnen eine solche Besserstellung strikt ab. In der Koalition gibt es manche, die angesichts solchen Gegenwinds Spahns Vorschlag, der sich dem Wortlaut nach an Partei- und Koalitionsvorgaben ausrichtet, „vergiftet“ nennen. Sie meinen es anerkennend.

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