Vorbild Japan? : Mit Wasserstoff und Kohle zur Energiewende
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Wasserstoff soll in Japan zur Triebkraft werden. Bild: AP
Mit neuen Technologien will Japans Regierung die Klimaziele erreichen. Der Gegensatz zur deutschen Energiewende könnte nicht größer sein.
In Deutschland ist der Kohleausstieg eine Frage der Zeit. Eine Kommission aus Politik und Interessenverbänden soll darüber entscheiden, wann die Kohleverstromung endet. Dass Energiewende auch anders geht, beweist Japan. Die Regierung in Tokio setzt auf Wasserstoff – und Kohle. Bis zum Jahr 2050 will sie die Energieversorgung umgebaut haben. Die Strategie hat sie vor vier Jahren beschlossen. Seither setzte sie diese schrittweise und beharrlich um, die Fortschritte werden nun sichtbar in dem 120-Millionen-Einwohner-Land, das von Energieimporten abhängt. Schon zu den Olympischen Spielen 2020 sollen wasserstoffgetriebene Busse Sportler und Besucher kutschieren, die Zahl der Tankstellen im Land wird ausgebaut. Neue Lieferketten werden erprobt, Brennstoffzellen als Heizungen in Häuser und Antrieb für Autos eingebaut. Auch das kostet erst einmal: Das Wirtschaftsministerium allein subventioniert die Strategie jedes Jahr mit mehr als 300 Millionen Euro.
Japan sieht seine Energiewende als Modell für andere Länder. Im nächsten Jahr will die Regierung ihre Präsidentschaft innerhalb der Gruppe der 20 größten Volkswirtschaften (G 20) dazu nutzen, auf der ganzen Welt für die Wasserstofftechnologie zu werben, sagt Masashi Hoshino, ein Fachmann aus dem Wirtschaftsministerium. Man werde andere Staaten aufrufen, gemeinsam einen Wasserstoffrat zu gründen, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Um Wasserstoff zu erzeugen, benötigt Japan sehr viel Elektrizität. Mittelfristig soll der Wasserstoff zwar aus grünen Energiequellen gespeist werden, doch für eine Übergangszeit setzt der hochindustrialisierte Inselstaat auf eine Energiequelle, die man in Deutschland möglichst schnell loswerden möchte: auf Kohle. Die erneuerbaren Energien sollen bis 2030 zwar verdoppelt werden (im Vergleich zum Schnitt der Jahre 2001 bis 2010), doch auch der Kohleverbrauch soll von 24 auf 26 Prozent im japanischen Energiemix steigen. Sogar neue Braunkohletagebaue sind geplant. Dennoch wollen die Japaner die Ziele des Pariser Klimaabkommens und das Versprechen der G-7-Staaten einer baldigen „Dekarbonisierung“ einhalten. Der Schlüssel ist modernste Technologie – die in Deutschland bestenfalls ein Nischendasein fristet.
Altbekannte Energiequelle, neue Technologie
Um zu verstehen, wie das gelingen soll, muss man wissen, dass bei der stromintensiven Wasserstoffgewinnung rund ein Drittel der eingesetzten Energie verlorengeht. Da man die dafür benötigte Elektrizität aber in Japan nicht in der benötigten Menge erzeugen kann, schauen die Japaner auf das benachbarte Ausland, etwa Australien. Im südaustralischen Morwell liege „genug Braunkohle, um die japanische Stromerzeugung für 240 Jahre zu sichern“, heißt es in einer Präsentation des Kawasaki-Konzerns, der wie viele andere Unternehmen in die Wasserstoffstrategie der Regierung einbezogen ist.
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Natürlich wissen auch die Japaner, dass beim Verfeuern von Braunkohle klimaschädliches Kohlendioxid freigesetzt wird. Das aber wollen sie mittels moderner Technologie abscheiden und im Boden lagern. Diese CCS-Technologie („Carbon Capture and Storage“) ist in Deutschland faktisch verboten, obwohl Versuchsanlagen in Brandenburg nachgewiesen haben, dass das Verfahren sicher funktioniert. Aus der japanischen Perspektive entsteht so aus schmutziger Kohle sauberer Strom. Zudem sei das, sagt Kawasaki-Mann Taku Hasegawa, „eine der preiswertesten Wege, Wasserstoff zu erzeugen“.