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Unterschätzte Wirtschaftsmacht : Exportmotor Italien

Produktion in einem Pharmaunternehmen in Parma Bild: obs

Von Pharmaerzeugnissen über Autoteile bis zu Prosecco: Italien führt so viele Güter aus wie noch nie. Die Importe steigen wegen der Energiekrise zwar noch stärker, doch die Exportkraft ist ungebrochen.

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          Vor langer Zeit war Deutschland mal die „Apotheke der Welt“ und produzierte massenweise Medikamente wie die Schmerztablette Aspirin oder das Schlafmittel Veronal. Heute ist ein anderes Land Europas Apotheke oder zumindest dessen Pharmafabrik: Italien.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

          In keinem anderen europäischen Staat werden am Wert gemessen mehr Medikamente hergestellt. Neben kleineren italienischen Unternehmen produzieren dort vor allem führende internationale Unternehmen wie Pfizer, Novartis, GSK, Sanofi, BASF oder Boehringer Ingelheim, teilweise ergänzt durch erhebliche Forschungsleistungen. Die Exporte von Produkten wie monoklonalen Antikörpern, antiviralen Arzneimitteln oder Impfstoffen gehen vor allem nach Belgien, wo die großen Hersteller ebenfalls sitzen, sowie in die Vereinigten Staaten, nach Deutschland und in die Schweiz.

          Trotz der Wirtschaftskrise laufen die Ausfuhren besser denn je: Im vergangenen Jahr hat die pharmazeutische Indus­trie Italiens einen neuen Exportrekord verzeichnet, wie der Verbandspräsident Marcello Cattani in einem Interview kürzlich sagte. Allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 stieg der Handelsüberschuss um 44 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro.

          Nicht nur die Pharmabranche hat Erfolg

          Die Pharmaindustrie ist nur ein Beispiel für den Exporterfolg Italiens. Abgesehen von einem scharfen, aber kurzen Einbruch zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 steigen die italienischen Ausfuhren seit rund zehn Jahren fast stetig. Und im vergangenen Jahr dürfte ein neuer Rekord erreicht worden sein, wie die Fachleute von den in einigen Wochen veröffentlichten Zahlen erwarten.

          Laut der jüngsten Schätzung des Kreditversicherers Sace sind die italienischen Exporte im Jahr 2022 um gut 10 Prozent gewachsen. Schon in den zwölf Monaten bis Oktober 2022 wurde erstmals die Grenze von 600 Milliarden Euro überschritten. Auch für 2023 erwartet Sace noch ein Plus der Ausfuhren von 5 Prozent. Ein wichtiger Grund für die Zuwächse ist die Inflation, mengenmäßig sind die Exporte zuletzt dagegen leicht zurückgegangen. „Aber auch das hat ja etwas Positives, denn es bedeutet, dass unsere exportierten Waren trotz des Preisanstiegs wettbewerbsfähig bleiben“, sagt Gaetano Fausto Esposito, Generaldirektor des Studienzentrums der italienischen Handelskammern.

          Viele Importe trüben Handelsbilanz

          Die stärksten Exportsektoren Italiens sind neben der Pharmabranche Kleidung und Mode, Heimeinrichtungen wie Möbel und Küchen, zudem Lebensmittel und Getränke sowie mechanische Produkte, bei denen Italien etwa ein wichtiger Komponenten-Lieferant der deutschen Automobilindustrie ist. Mehr als eine Milliarde Flaschen Schaumwein wurden in Italien im vergangenen Jahr erstmals verkauft, vor allem gefüllt mit dem Kassenschlager Prosecco. Vom Produktionswert von 2,8 Milliarden Euro haben die Erzeuger 2 Milliarden Euro im Ausland umgesetzt, berichtet der Weinverband UIV. So konnte auch die allgemeine Weinproduktion allein in den ersten neun Monaten 2022 den Exportrekord von 5,8 Milliarden Euro erreichen, ein Plus von gut 12 Prozent gegenüber dem Jahr davor.

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