Der Brexit als Chance für Europa
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Brüssel vorn: Großbritanniens Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Bild: Bloomberg
Das baldige Ausscheiden der Briten macht Konstruktionsfehler der Europäischen Union sichtbar. Statt auf dem Status quo der Verträge zu beharren, wäre der Brexit ein guter Anlass für Reformen. Ein Gastbeitrag.
In diesen Tagen erleben wir die Europäische Union seltsam geschlossen. Obwohl ihre Mitgliedstaaten von einem ungeordneten Ausscheiden des Vereinigten Königreichs sehr unterschiedlich betroffen wären, stehen sie hinter der unnachgiebigen Position der Europäischen Kommission: Die vier Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes – freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital – sind nur im Paket und in voller Ausprägung zu haben. Sie scheinen lieber den Austritt der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas riskieren zu wollen, als ein „Rosinenpicken“ zu erlauben.
Am 30. März, dem Tag nach dem Ablauf der Brexit-Frist, wird die EU eine andere sein als vorher, und zwar ganz egal, ob es nun zu einem ungeordneten Brexit kommt oder ob die Briten in der letzten Minute einlenken und die Bedingungen Brüssels akzeptieren. Die EU würde auf ihrem Weg zu einem einheitlichen Staatswesen einen ganzen Schritt weitergekommen sein; die zentralen Institutionen, allen voran die Kommission und Europäisches Parlament, hätten entscheidend an Macht gewonnen. Europa wäre durch das Ausscheiden Großbritanniens zwar kleiner, aber scheinbar homogener; ein entscheidender Bremser auf dem Weg zu einer immer tieferen politischen Union wäre weg.
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