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Börsengang : Ionos sendet schlechte Vorzeichen für weitere Börsengänge

Die Aktien von Ionos gehen unter Ausgabepreis in den Handel an der Frankfurter Börse. Bild: Reuters

Die Papiere von Ionos starten deutlich unter dem Ausgabepreis in den Handel. Die Abspaltung von United Internet und Warburg Pincus floppt. Sind das schlechte Vorzeichen für weitere Börsengänge?

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          Kurz nach neun Uhr, gleich wird der erste Kurs des Börsenneulings Ionos bekannt. Thomas Book, Vorstand der Deutschen Börse, spricht am Mittwoch von einem weiteren „Internetpionier“ und spielt auf den Namen des Unternehmens an, griechisch für „Vorzeichen“: „Wir nehmen das heute als sehr gutes Omen für dieses Börsenjahr.“ Der Börsengang werde nicht der letzte in diesem Jahr sein. Achim Weiß, Vorstandsvorsitzender des Internetanbieters, schwärmt von seiner „Reise“ mit dem Unternehmen. „Die besten Zeiten für Ionos liegen in der Zukunft.“

          Klaus Max Smolka
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Dann die Erstnotiz, und diese liefert ein schwaches Vorzeichen. Mit 18,40 Euro erscheint das Papier mit dem Kürzel IOS erstmals auf dem Zettel, weniger als der Ausgabepreis von 18,50 Euro. Der aber hatte schon die Hoffnungen von Eignern, Beratern und all jenen enttäuscht, die darauf spekulierten, dieses Jahr möge viel mehr Börsengänge bringen als das schwache vergangene.

          Im Januar hatten die Beteiligten noch geplant, aus 15 bis 20 Prozent der Anteile an Ionos 600 bis 800 Millionen Euro zu erlösen, wie die F.A.Z. damals aus Finanzkreisen erfuhr. Die Spanne im Anteilspaket bewahrheitete sich, im Streubesitz sind nun gut 17 Prozent. Aber der Erlös beträgt nur 447 Millionen Euro.

          Preisspanne eher mäßig

          Schon Ende Januar sah die Preisspanne mit 18,50 bis 22,50 Euro mäßig aus, der Ausgabepreis der gut 24 Millionen Anteilsscheine lag dann auch noch ganz am unteren Ende. Die Muttergesellschaft United Internet und der Finanzinvestor Warburg Pincus als Minderheitseigner können damit nicht zufrieden sein, ebenso wenig die beratenden Banken Berenberg, BNP Paribas, Deutsche Bank und JP Morgan. Der bescheidene Start des Unternehmens trübt ein Börsenumfeld, das zuletzt nicht so schlecht aussah.

          Weiß, der traditionsgemäß zur Handelseröffnung die Börsenglocke läutete, gibt sich naturgemäß dennoch zuversichtlich: „Ich bin mir sicher, dass der Preis langfristig das richtige Niveau erreicht.“ Im Handelsverlauf gab der Kurs in einem freundlichen Gesamtmarkt nach, rutschte unter 18 Euro. Einschließlich Schulden wird Ionos mit 3,9 Milliarden Euro bewertet.

          Die beiden Großaktionäre geben proportional zu ihren Paketen gleich viele Anteile ab. United Internet hält nun noch gut 62, Warburg Pincus etwas weniger als 21 Prozent. United Internet braucht Geld, um den Aufbau eines eigenen 5-G-Mobilnetzes zu finanzieren. Der Aktienkurs stieg am Mittwoch trotz des schwachen Einstands der Tochtergesellschaft etwas an.

          In 18 Märkten unterwegs

          Ionos ist nach eigenen Angaben in 18 Märkten in Europa und Nordamerika tätig und bietet vor allem Internetdomänen und E-Mail-Dienste für kleine und mittlere Unternehmen sowie in einem kleinen zweiten Geschäft Cloud-Speicher an. Im Jahr 2021 erzielte das Unternehmen aus Montabaur rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz, knapp ein Fünftel des Konzernerlöses von United Internet, zu dem auch der Telekommunikationsanbieter 1&1 gehört.

          Nach Berechnung der Beratungsfirma EY ist Ionos bisher international der größte Börsengang des Jahres. Das hat allerdings schwach begonnen: 77 Unternehmen sammelten bisher 2,55 Milliarden Dollar ein – im Januar 2022, vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine, waren es der Kalkulation zufolge 98 Börsengänge mit knapp 32 Milliarden Dollar. In Deutschland hatte es 2022 nur einen Börsengang nennenswerter Größe gegeben, als Volkswagen seinen Sportwagenbauer Porsche an den Markt brachte.

          In einer Zeit hoher Inflation wollen Investoren von Börsenkandidaten noch genauer als sonst wissen, wie diese ihre Margen schützen – also im Kern, wie sie gestiegene Kosten an Kunden weitergeben können. Beliebt sind Unternehmen, die verlässliche starke Bargeldzuflüsse versprechen. „Das Problem ist andererseits: Je höher die Qualität des Unternehmens, desto weniger dringlich der IPO für die Eigentümer, die sich das bei einem unsicheren Umfeld dann zweimal überlegen“, gibt ein Banker zu bedenken, der auf Börsengänge spezialisiert ist, im Jargon IPO (Initial Public Offering) genannt.

          In Deutschland steht unter anderem der Spezialglashersteller Schott Pharma im Blickpunkt. Ein Börsengang bis September sei denkbar, sagte Schott-Chef Frank Heinricht gerade der F.A.Z. Beim Stellenanzeigenportal Stepstone sei die jüngste Geschäftsentwicklung „ein echter Meilenstein Richtung IPO“, sagte kürzlich Mathias Döpfner, der den Mutterkonzern Axel Springer führt. Weit fortgeschritten mit den Vorbereitungen war im vorigen Jahr schon Thyssenkrupps Wasserstoffanlagen-Bauer Nucera. Auch die Oldenburgische Landesbank (OLB) liebäugelt mit einem Börsengang.

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