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Adidas : Schuhe aus der Hochgeschwindigkeitsfabrik

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Die Sohle stammt schon aus dem 3D-Drucker. Bild: dpa

Sportschuhe kommen heute noch aus Asien. Adidas startet eine Produktion individueller Schuhe in Franken.

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          Weiße Maschinen stehen in der 300 Quadratmeter großen Halle nebeneinander aufgereiht. Zwischen ihnen fahren kleine Robotertische hin und her. Sie transportieren Obermaterial von Laufschuhen von einer Verarbeitungsstufe zur anderen. Ein riesiger schwarzer Käfig durchbricht das Helle der Halle. In ihm werden aus Materialien wie Polyamid und Elastomere hochwertige, belastungsfähige Schuhsohlen gefertigt. Am Ende der Produktionskette stehen verschiedene Laufschuhe, leichte, modische Sportschuhe und ein Fußballschuh als Dummy auf dem Tisch; fertiggestellt in wenigen Stunden.

          Das Pilotprojekt von Adidas mit Geheimhaltungsstufe steht in Ansbach in einer abgetrennten, nicht frei zugänglichen Halle des Partners Oechsler; einem Kunststoffverarbeiter und Automobilzulieferer. Im Herbst sollen die ersten 500 Schuhpaare dort produziert und als Prototypen an den Handel ausgeliefert werden. Die Stückzahl ist so klein, dass sie nicht zu kaufen sein werden. Wahrzunehmen werden sie sein, denn sie werden Marketingzwecken dienen.

          In einem Jahr soll in einem 4600 Quadratmeter großen Werk im mittelfränkischen Ansbach tatsächlich die Serienproduktion beginnen, in der im Jahr eine halbe Million Schuhe gefertigt werden. Das sind dann Laufschuhe, die der deutsche Käufer kurz zuvor bestellt hat; mit einer für ihn geeigneten Sohle, einem individuellen Ansprüchen gerecht werdenden Obermaterial und einem individuellen Aussehen. Im Idealfall kann ein Käufer morgens ins Sportfachgeschäft gehen, seinen Wunschschuh, gar mit einem selbst geschossenen Foto als Aufdruck, bestellen und abends abholen. Vorbei wären die Zeiten der weiten Wege aus China, Vietnam oder Indonesien mit 45 Tage im Schiffscontainer auf hoher See.

          Speedfactory nennt Adidas das neue Produktionskonzept, das in den nächsten Jahren an strategischer Bedeutung gewinnen soll. „Wir revolutionieren unsere Industrie“, sagte Herbert Hainer, bis Ende September Vorstandsvorsitzender von Adidas, am Dienstag in Ansbach. „Wir werden in der Geschwindigkeit deutlich schneller, vor allem aber gehen wir dahin, wo der Verbraucher mit seinen individuellen Wünschen ist.“ Vordergründig propagiert er die Rückkehr der Produktion nach Deutschland, die Adidas seit Ende der achtziger Jahre systematisch nach Asien verlagert hatte, wo vergangenes Jahr 301 Millionen Paare entstanden.

          Die Adidas-Fabrik ist Industrie 4.0

          Tatsächlich aber handelt es sich bei der Hochgeschwindigkeitsfabrik um ein Projekt, das Modell für die vernetzte Produktion unter dem Schlagwort Industrie 4.0 ist. Neue flexible, marktnahe Produktionsstrukturen entstehen, welche die Vernetzung der Systeme und die digitale Produktion erst möglich machen. Kleine Stückzahlen nach Bedarf werden weniger kostenintensiv produziert. Die Nähe zum Kunden spart lange, damit auch teure Transportwege. Die bedarfsorientierte Produktion vermeidet den Aufbau von Lagerbeständen, die am Ende zu Dumpingpreisen für das Unternehmen teuer zum Saisonende abgebaut werden müssen. Es gibt mehr Gestaltungsmöglichkeiten und technische Neuerungen, die bislang mit der händischen Fertigung in Asien nicht zu bewerkstelligen sind, wo unter Umständen 300 Menschen über alle Wertschöpfungsketten an einem Schuh arbeiten.

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