Bleibt der Inflationsteufel sehr viel länger am Leben?
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Rauchende Schornsteine: Die Preise für Energie sind ein wichtiger Inflationstreiber. Bild: dpa
Vor einem halben Jahrhundert scheiterte der damalige keynesianische Mainstream an der Inflation. Heute unterschätzt der moderne keynesianische Mainstream sie abermals. Was bedeutet das für die Zukunft? Eine Analyse.
Die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hängt heute von der Frage ab, ob die Pandemie als eine weitere vorübergehende Krise betrachtet wird, nach deren Überwindung die Wirtschaft zu ihrem alten, durch niedriges Wirtschaftswachstum, niedrige Zinsen und niedrige Inflation gekennzeichneten Regime zurückkehrt. Das ist die Überzeugung des ökonomischen Mainstreams und vieler, aber wohl nicht mehr aller Zentralbanken. Eine alternative Sichtweise betrachtet die Pandemie im Verein mit der digitalen Revolution und der Bekämpfung des Klimawandels als ein Ereignis, das erhebliche Unsicherheiten erzeugt. Eine Rückkehr zum alten Regime ist zwar nicht ausgeschlossen, aber keineswegs sicher. Denkbar ist ein Rückfall in eine Welt mit einer Kombination aus höherer Inflation, eventuell verbunden mit Stagnation. Das sind Muster, die aus den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts bekannt sind, zu denen, wenn es schlecht läuft, noch Staatsschuldenkrisen treten könnten, wie man sie aus den Achtzigerjahren kennt.
Der Mainstream stützt seine Argumentation auf langfristige, durchaus mächtige Trends, die in der deutschen Diskussion in den vergangenen zehn Jahren unterbelichtet geblieben waren. Dem Argument eines säkularen Rückgangs des Zinses hat sich mit der Bundesbank allerdings eine Zitadelle des deutschen ökonomischen Denkens angeschlossen. „Im Euroraum und anderen führenden Industrieländern ist in den vergangenen Jahrzehnten das allgemeine Zinsniveau gesunken“, heißt es im neuen Monatsbericht. „Dabei besteht weitgehend Konsens darüber, dass diese Entwicklung nicht vorrangig durch die Geldpolitik verursacht wurde. Vielmehr reflektiert sie langfristige strukturelle Trends. So spiegeln sich eine zunehmende Alterung der Bevölkerung, Verschiebungen in Einkommens- und Vermögensverteilungen, ein verringertes Wachstum der Produktivität und damit des Produktionspotentials seit den 1980er-Jahren in einer Abwärtsbewegung des gleichgewichtigen Realzinses wider, nicht nur im Euroraum, sondern weltweit.“
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