Inflation : Kleingläubige EZB-Beamte
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Glaubt die EZB noch an stabiles Geld? Bild: dpa
Ausgerechnet die Beschäftigten der EZB fordern Pensionen mit Inflationsschutz. Der Glaube an das Stabilitätsversprechen der Zentralbank scheint bei den eigenen Mitarbeitern zu bröckeln.
Der Führung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ist das Thema spürbar unangenehm. Denn die Mitarbeiter der Institution machen mit einem Vorstoß deutlich, dass sie am Erfolg der Bewältigung ihrer Kernaufgabe zweifeln: Für Geldwertstabilität zu sorgen. Die Personalvertretung der Notenbank fordert jetzt, die Pensionen der Mitarbeiter müssten gegen die Inflation geschützt werden. Sie verlangt damit einen Versicherung gegen das eigene Versagen.
„Unglücklicherweise sind die Pensionen der EZB-Beschäftigten nicht gegen Inflation geschützt“, sagte Carlos Bowles, ein Sprecher der Personalvertretung, der F.A.S. Die Altersvorsorge der EZB-Mitarbeiter sei über eine Art Pensionsfonds organisiert. „Deshalb sollte es normalerweise möglich sein, die Risiken über geeignete Finanzinstrumente abzusichern - etwa inflationsindexierte Anleihen.“ Solche geschützten Anleihen bringen zwar in der Regel etwas weniger Rendite als normale Anleihen. Aber selbst diesen Preis wären die EZB-Beschäftigten zu tragen bereit - so groß ist die Furcht der Eurohüter vor einem Geldwertverlust des Euro.
„Wir verstehen nicht, warum die Führung der EZB es ablehnt, unsere Pensionen gegen die Inflation zu schützen“, schimpft die Personalvertretung. Sogar ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof sei in dieser Sache anhängig: Ein Pensionär habe mit Unterstützung der Personalvertretung und der Notenbanker-Gewerkschaft IPSO geklagt.
Sollen EZB-Mitarbeiter die Folgen der Inflation am eigenen Leibe spüren?
Der ganze Streit wäre vermutlich nicht weiter bemerkenswert, wäre die Inflation, vor der sich die Mitarbeiter der EZB so fürchten, nicht genau jene Erscheinung, die zu verhindern oder zumindest gehörig einzudämmen der Sinn der ganzen Einrichtung ist.
Die Belegschaftsvertreter argumentieren, es dürfte für EZB-Präsident Mario Draghi und sein Direktorium doch kein Problem sein, einen wirksamen Inflationsschutz für die Pensionen einzuführen - weil sie die Inflation schließlich selbst beeinflussen könnten. Und wenn die Inflation niedrig bleibe, wie es der gesetzliche Auftrag ihrer Chefs doch vorsehe, dann dürfte der Inflationsschutz über geeignete Finanzinstrumente auch keine allzu teure Angelegenheit werden.
Offiziell wollte die Europäische Zentralbank dazu nicht Stellung nehmen. Sie verwies auf ihre Anstellungsbedingungen, die eine regelmäßige Überprüfung und Anhebung der Pensionen vorsehen. Eine Sprecherin sagte, das laufende Verfahren vor dem EuGH kommentiere man nicht.
Die Personalvertretung meint, die Notenbankchefs wollten sich nicht nach außen blamieren: Wie sähe das aus, wenn eine Institution antritt, Europa vor der Inflation zu schützen - auf die eigene Arbeit aber so wenig vertraut, dass sie für die Pensionen der eigenen Mitarbeiter lieber von Banken einen Inflationsschutz konstruieren lässt?
Vertreter der Stabilitätslehre in der EZB argumentieren, es sei gut, wenn diejenigen, die über die Geldwertstabilität zu wachen hätten, die Folgen der Inflation am eigenen Leibe spürten. „Das setzt die richtigen Anreize.“ Ein Inflationsschutz für Pensionen gehe deshalb „genau in die falsche Richtung“.
Auch über die Wirkung einer solchen Entscheidung auf einige Mitgliedsländer im Euroraum ist offenbar in der EZB diskutiert worden. In einige europäischen Ländern wie Belgien sind Löhne und Gehälter zum Teil inflationsindexiert - sie steigen also mit zunehmender Inflation. Mehrere frühere EZB-Präsidenten haben solche Regelungen kritisiert, weil sie die Inflation insgesamt hochtreiben können. Wie aber sollte die EZB ihren Mitgliedsländern die Inflationsindexierung austreiben, wenn sie genau das für die Pensionen der eigenen Mitarbeiter einführt?