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Höchste Teuerung seit 1993 : Inflation steigt im Dezember auf 5,3 Prozent

  • -Aktualisiert am

Vor allem der kräftige Anstieg der Energiepreise hat 2021 die Verbraucherpreise in die Höhe getrieben. Bild: dpa

Im Dezember ist die Inflation überraschend noch einmal gestiegen. Und das obwohl der Anstieg bei den Energiepreisen nicht mehr so stark ausfiel wie zuletzt. Auch in diesem Jahr müssen sich Verbraucher auf höhere Preise einstellen.

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          Die Preise in Deutschland sind auch zum Jahreswechsel gestiegen. Im Dezember lagen die Verbraucherpreise nach einer ersten Schätzung 5,3 Prozent höher als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Im November hatte die Inflationsrate bei 5,2 Prozent gelegen. Auf Basis der europäischen Rechenweise des harmonisierten Verbraucherpreis-Index (HVPI) ergibt sich für Dezember sogar eine Rate von 5,7 Prozent.

          Auf das Gesamtjahr gerechnet mussten Verbraucher für Dinge des täglichen Lebens 3,1 Prozent tiefer in die Tasche greifen. Vor allem die Preise für Energie und Nahrungsmittel zogen kräftig an, wie aus den Daten der Statistischen Landesämter hervorgeht. In Hessen etwa stiegen die Preise für Energie um insgesamt 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das bekamen Verbraucher vor allem beim Heizen und Tanken zu spüren. Die Preise für Heizöl stiegen in Hessen um 43 Prozent, Erdgas wurde um 7 Prozent teurer und Kraftstoffe um 23,7 Prozent. Ohne den Anstieg der Energiekosten hätte die hessische Inflationsrate im Jahr 2021 statt 3,1 Prozent lediglich 2,1 Prozent betragen.

          Leichte Entspannung bei den Energiepreisen

          Nahrungsmittel verteuerten sich 2021 um 2,7 Prozent. Gemüse war im Jahresdurchschnitt 5,5 Prozent teurer, Speisefette und -öle kosteten 4,9 Prozent mehr. Auch für andere Güter mussten Verbraucher deutlich mehr bezahlen: Die Preise für Fahrräder zum Beispiel stiegen um 8 Prozent, jene für Autos um 4,4 Prozent. Unterhaltungselektronik verteuerte sich hingegen nur moderat um 0,5 Prozent, Mobiltelefone waren sogar 3,3 Prozent günstiger als noch 2020. Mehr bezahlen mussten Verbraucher 2021 auch für den Frisör- oder Restaurantbesuch als noch im Vorjahr. Im Durchschnitt waren Dienstleistungen 2,4 Prozent teurer. Die Mieten in Hessen stiegen durchschnittlich um 1,6 Prozent.

          Angetrieben wurde der Preisanstieg, der sich insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2021 bemerkbar machte, nicht nur von Sondereffekten wie dem Auslaufen der temporären Absenkung der Mehrwertsteuer oder der Einführung des CO2-Preises. Das allgemeine Preisniveau zog auch deshalb so kräftig an, weil die Güternachfrage nach dem Krisenjahr 2020 überraschend schnell wieder gestiegen war. Daraufhin nahmen die Preise für Rohöl und Gas an den internationalen Energiemärkten stark zu. Hinzu kommt, dass die internationalen Lieferketten noch immer gestört sind. Unternehmen kämpfen mit Knappheiten bei wichtigen Vorprodukten und Rohstoffen und wälzen die steigenden Preise auch auf die Verbraucher ab. Im November waren die Erzeugerpreise so stark gestiegen wie seit 70 Jahren nicht mehr.

          Zumindest bei den Energiepreisen zeichnete sich im Dezember eine leichte Entspannung ab. Zwar waren sie in Hessen 22 Prozent höher als noch vor einem Jahr, doch im Vergleich zum November 2021 war Energie im Durchschnitt 0,9 Prozent günstiger. Die Preise für Heizöl gaben nach, Erdgas und Strom verteuerten sich hingegen auch im Dezember. Dafür verteuerten sich Nahrungsmittel im Vergleich zum Vormonat: Mehr kosteten vor allem Gemüse und Fleisch.

          Auch in anderen großen Volkswirtschaften des Euroraums zog die Inflation im Dezember an. In Italien stieg sie gemäß HVPI im Jahresvergleich auf 4,2 Prozent – den höchsten Wert seit 2008. Während sie in Frankreich auf dem Stand von November bei 3,4 Prozent verharrte, kletterte sie in Spanien um 1,2 Prozent auf 6,7 Prozent. Im europäischen Vergleich liegt die deutsche Inflationsrate im oberen Mittelfeld. Im November lag die Teuerungsrate im Euroraum-Durchschnitt bei 4,9 Prozent, mit Litauen an der Spitze (9,3 Prozent) und Malta als Schlusslicht (2,4 Prozent). Die Zahlen für Dezember veröffentlicht die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag.

          Die Inflation in Deutschland wird nach Einschätzung von Ökonomen auch in diesem Jahr hoch bleiben – sie könnte sogar noch einmal zulegen. Das Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Kiel Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) rechnen für 2022 mit einer Teuerungsrate von 3,1 Prozent. Das Münchner Ifo-Institut erwartet einen Anstieg auf 3,3 Prozent und die Deutsche Bundesbank prognostiziert sogar 3,6 Prozent.

          Für den Euroraum erwartet die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr ebenfalls eine hohe Inflationsrate von 3,2 Prozent. Grund von ihrem ultralockeren Kurs abzukehren, ist das für sie jedoch nicht. Zwar will die Notenbank bis März aus dem als Folge der Corona-Krise aufgelegten Anleihenkaufprogramm PEPP aussteigen. An ihrem alten Kaufprogramm APP aus Zeiten vor der Pandemie hält sie aber weiterhin fest, auch eine Anhebung des Leitzinses ist nicht geplant. Andere Notenbanken haben ihre Zinsen hingegen bereits erhöht oder haben dies angekündigt.

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