Industriepolitik : EU-Ratspräsident Michel rudert in Schuldendebatte zurück
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EU-Ratspräsident Charles Michel Bild: EPA
Soll die Europäische Union neue Schulden machen, um US-Milliardensubventionen zu kontern? Für diese Idee erntete Ratspräsident Michel zuletzt heftige Kritik. Nun hat er einen neuen Vorschlag vorgelegt.
EU-Ratspräsident Charles Michel hat die Forderung nach einem schnellen Votum der Staats- und Regierungschefs für die Aufnahme neuer EU-Schulden als Antwort auf die US-Milliardenhilfen für grüne Technologien aufgegeben. In einem Entwurf vom 2. Februar für die Schlussfolgerungen des EU-Gipfels Ende dieser Woche, der der F.A.Z. vorliegt, findet sich dazu kein Wort mehr. Stattdessen heißt es: Die EU-Kommission solle die Arbeiten vorantreiben, „um eine vollständige Mobilisierung der verfügbaren Mittel und der bestehenden Finanzinstrumente zu gewährleisten, und so schnelle und gezielte Hilfen“ ermöglichen.
Die Vereinigten Staaten haben in dem „Inflation Reduction Act“ (IRA) 369 Milliarden Dollar bereitgestellt, um Investitionen in die Produktion von Schlüsseltechnologien für die Energiewende wie Batteriezellen, Solaranlagen oder Wärmepumpen anzulocken. Da die dafür vorgesehenen Steuererleichterungen für Unternehmen attraktiv sind, drohe die EU im Wettbewerb zurückzufallen, warnen Kommission und zahlreiche Staatschefs.
Frankreich und Italien, aber auch einflussreiche EU-Kommissare wie Thierry Breton haben sich dafür ausgesprochen, schnell neue EU-Schulden aufzunehmen, um dem etwas entgegenzusetzen. Michel sieht das ähnlich und wollte das so in den Schlussfolgerungen festschreiben (F.A.Z. vom 26. Januar). Er war für dieses – für einen eigentlich eher als Vermittel agierenden Ratspräsidenten unübliche – Vorpreschen aber selbst von den Befürwortern von Schulden kritisiert worden.
Ergebnis ist, dass Michel nun auf die Linie der Gegner von EU-Schulden wie Deutschland einschwenkt und die Position der Kommission übernimmt. Die hat als IRA-Antwort einen Green-Deal-Industrieplan vorgelegt. Der soll den EU-Staaten großzügigere Staatshilfen erlauben und die vorhandenen Mittel aus dem Corona-Fonds und anderen Fonds flexibler einsetzen, um grüne Technologien zu fördern. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) soll eine Rolle spielen. Genauso steht es nun in den Schlussfolgerungen. Vom Tisch sind EU-Schulden damit nicht. Einige Chefs dürften sie auf dem Gipfel fordern. Die EU-Kommission wird wohl darauf zurückkommen, wenn sie im Sommer ihren Vorschlag für einen Souveränitätsfonds vorlegt, der langfristig „grüne Investitionen“ fördern soll.