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Logistik-Nadelöhr : Wieder musste ein Schiff aus dem Suezkanal befreit werden

Schrecksekunde: Zugschiffe ziehen die Glory aus ihrer verqueren Lage im Suezkanal. Bild: AFP

Vor knapp zwei Jahren war die wichtige Wasserstraße zum Mittelmeer für Tage blockiert. Auch am Montag hielten Reeder und Logistiker den Atem an. Dieses Mal steckte ein Frachter mit Mais aus der Ukraine fest.

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          Es war ein kurzer Schreck, der die Streckenplaner in den Reedereien rund um die Erde am frühen Montagmorgen in Europa traf: Wieder hatte sich ein Schiff im Nadelöhr des Seeverkehrs festgefahren. Diesmal war es die Glory unter der Flagge der Marshall Islands, ein Schüttgutfrachter der griechischen Reederei Target Marine. Sie betreibt insgesamt zehn Schiffe. Brisant war die Havarie allein schon, weil die 225 Meter lange Glory Mais aus der umkämpften Ukraine geladen hatte, dessen Ziel China ist.

          Christoph Hein
          Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

          Die Logistikbranche aber war alarmiert, weil sofort die Erinnerung an die Ever Given hochkam: Vor fast zwei Jahren hatte sich einer der größten Containerfrachter der Welt im Suezkanal quer gelegt. Nichts ging mehr. Es folgte eine anspruchsvolle Bergung, die sich über sechs Tage hinzog und der Welt vorführte, wie stark sie vom globalen Handel abhängt. Denn jeder Tag der Blockade kostete den Welthandel geschätzte 9 Milliarden Dollar. Auf beiden Seiten des Kanals stauten sich damals die Schiffe, ankerten, zogen Kreise, wählten schließlich den teuren Umweg um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas. Da der Kanal dicht war, als die Lieferketten schon aufgrund der Corona-Pandemie bis zum Bersten gedehnt waren, kam es zu zusätzlichen Staus vor Welthäfen wie Rotterdam, Los Angeles, Singapur oder Schanghai.

          So weit kam es am Montag bei Weitem nicht. Nach ein paar Stunden hatten drei Schlepper der Kanalverwaltung die Glory freigeschleppt. Die Gefahr war auch geringer: Zum einen misst der Getreidefrachter nur gut die Hälfte der Länge der riesigen Ever Given. Wichtiger aber noch: Die Glory lag in Längsrichtung im Kanal, während sich die Ever Given wie eine Staumauer quer gelegt hatte. Ihr Bug und ihr Heck hatten sich auf je einer Kanalseite festgesetzt. Es brauchte eine hohe Flut, erfahrene Bergefirmen, Bagger, eine Armada von Schleppern und viel Glück, sie frei zu bekommen. Die Havarie der Glory in den frühen Morgenstunden kostete neben den Nerven der Logistiker und der Kanalverwaltung nur knapp 20 Schiffe eine Verspätung. Sie wird aufzuholen sein. Offen ist, was das Auflaufen verursachte. In Teilen Ägyptens war es in der Nacht zu schlechtem Wetter und Wind gekommen. Das Schiff selbst war wegen seines speziellen Einsatzes vor wenigen Tagen in Istanbul noch von Russen, Ukrainern, Türken und Mitarbeitern der Vereinten Nationen untersucht und als seetüchtig freigegeben worden.

          Allerdings zeigte sich am Montag wieder, wie gefährlich der Kanal für den Welthandel ist: Denn die Glory war im einspurigen Teil der Wasserstraße kurz vor Port Said aufgelaufen – passieren konnte sie kein Schiff mehr. Auch wenn kein spürbarer Schaden entstanden ist, werden Logistiker und Reeder abermals Debatten über die Risiken führen, die im Suezkanal, im Panamakanal und in der Arterie des Welthandels, der Straße von Malakka zwischen Malaysia und Singapur auf der einen, Indonesien auf der anderen Seite, lauern. Hier geht die Angst um, dass Terroristen die Meerenge durch das Versenken eines Schiffes blockieren könnten. An ihrem freien Durchfluss aber hängt die Versorgung Nordasiens, mit den großen Rohstoffkunden China, Japan und Südkorea.

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