Neue Ifo-Studie : Weniger Mietwohnungen in Berlin – wegen des Mietendeckels
- -Aktualisiert am
In Berlin ist der Wohnungsmarkt innerhalb weniger Jahre zu einem der umkämpftesten des Landes geworden. Bild: dpa
Eine neue Studie des Ifo-Instituts hat ergeben, dass durch den Mietendeckel in Berlin das Wohnungsangebot zurückgegangen ist. Das Thema Mietenregulierung nimmt derweil wieder an Fahrt auf.
Ziemlich genau vor einem Jahr beendete das Bundesverfassungsgericht ein großes Experiment. Am 15. April 2021 entschieden die Karlsruher Richter, dass der Mietendeckel des Berliner Senats unrechtmäßig war. Mietrecht sei Bundesrecht, der Berliner Senat nicht zu einem solchen Gesetz befugt. Die von der rot-rot-grünen Landesregierung festgelegten Maximalbeträge – inklusive aller Zuschläge waren maximal 11,54 Euro je Quadratmeter Kaltmiete erlaubt – waren damit hinfällig.
Schon nach Einführung des Mietendeckels im Februar 2020 hatte sich gezeigt, dass in den einschlägigen Immobilienportalen die Zahl der inserierten Mietwohnungen deutlich zurückging, Vermieter frei werdende Wohnungen offenbar lieber zum Verkauf anboten oder leer stehen ließen. Eine neue Analyse des Münchner Ifo-Instituts kommt zu dem Ergebnis: Die Folgen dieser Entwicklung wirken bis heute nach. Das Angebot an Mietwohnungen in Berlin sei nach Einführung des Mietendeckels um bis zu 60 Prozent gesunken „und verharrt auch nach dessen Abschaffung auf diesem geringen Niveau“, konstatieren die Ökonomen nach einer Auswertung von Daten des Online-Portals Immowelt.
Keine Erholung in Sicht
Die Aussage bezieht sich auf Wohnungen, die vor 2014 erstmals bezugsfertig waren. Für diese galt der Berliner Mietendeckel. In anderen großen deutschen Städten veränderte sich die Zahl der Mietinserate für solche Wohnungen in den vergangenen Jahren kaum. In Berlin dagegen setzte 2017 ein Abwärtstrend ein, der sich mit der Ankündigung des Mietendeckels verschärfte und bis heute anhält. Es sei denkbar, „dass Vermieter für die Zukunft neue Versuche erwarten, einen Mietendeckel einzuführen, und deshalb weiterhin frei werdende Mietwohnungen als Eigentumswohnungen verkaufen oder selbst nutzen“, schreiben die Studienautoren.
Was die inserierten Mieten betrifft, zeigt sich ein zweigeteiltes Bild: Im ehemals regulierten Segment sanken die Preise während der Mietendeckel-Zeit. Inzwischen steigen sie wieder, liegen aber nach Einschätzung des Ifo-Instituts noch nicht so hoch, wie es ohne den Deckel zu erwarten gewesen wäre. Im unregulierten Segment, also bei den ab 2014 fertiggestellten Wohnungen, habe das Gesetz dagegen eine preistreibende Wirkung gehabt, und auch nach Abschaffung stiegen die Preise im Vergleich zu anderen Städten überdurchschnittlich.
Schutz vor unfairen Mietpreisen
Auch wenn der Berliner Deckel Geschichte ist – das Thema Mietenregulierung nimmt wieder an Fahrt auf. Der Bundesrat hatte im Februar dafür gestimmt, Mietwucher stärker zu bekämpfen und die Bußgelder für Vermieter auf bis zu 100 000 Euro zu erhöhen. Mieter sollen sich demnach schon dann auf Mietwucher berufen können, wenn die vereinbarte Miete die ortsüblichen Mietkosten um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an Wohnungen vor Ort gering ist. Die Ampelkoalition im Bund – federführend Justizminister Marco Buschmann (FDP) – lehnt den Gesetzesentwurf jedoch ab. Im Koalitionsvertrag ist nur vorgesehen, dass auf angespannten Märkten die Obergrenze für Mieterhöhungen innerhalb eines Dreijahreszeitraums von 15 auf 11 Prozent sinken soll. Zudem soll die Mietpreisbremse bis 2029 verlängert werden. Das Bundesbauministerium erarbeitet derzeit einen Gesetzesentwurf zum umstrittenen Vorkaufsrecht. Dies können die Städte aktuell nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kaum noch ausüben, viele würden es aber gerne, um private Investoren zurückzudrängen.
In Berlin gehen die Pläne noch weiter: Nachdem sich im September die Mehrheit der Wähler für eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen aussprach, hat der SPD-geführte Senat Ende März eine Expertenkommission dazu eingesetzt. Ein Jahr lang soll diese prüfen, ob und wie eine Verstaatlichung möglich ist. Geleitet wird die Kommission von der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD).