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Hochzeiten : Gleich und gleich gesellt sich gern

Im vergangenen Jahr gab es 400.000 Hochzeiten in Deutschland. Bild: Prisma Bildagentur

Akademiker bleiben gerne unter sich, das ist jetzt auch auf dem Heiratsmarkt zu beobachten. Für die Gesellschaft heißt das nichts Gutes.

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          Gegensätze ziehen sich an, hieß es jahrhundertelang. Verschiedenheit in Bildung, Status und Verdienst zwischen Mann und Weib sind in einer Ehe der Normalfall. Das brachte den Pfiff schon während der Anbahnung. So hat es bei Grimms Märchen funktioniert, so zieht es sich bis in die erfolgreiche Hollywood-Schnulze: Prinz heiratet Aschenputtel, Investmentbanker liebt Prostituierte.

          Corinna Budras
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

          Auch im realen Leben überwand die Ungleichheit jede Bettritze: Der Verleger und das Kindermädchen, der Manager und die Sekretärin, der Pilot und die Stewardess. Ganz nebenbei hat dieses Paarungsverhalten dafür gesorgt, dass sich unterschiedliche Schichten einander annäherten und sich die Gesellschaft durchmischte.

          Doch seit der größten Bildungsrevolution des vergangenen Jahrhunderts ist damit Schluss. Als nichts anderes kann man bezeichnen, was den Frauen widerfahren ist. Früher lungerten sie auf der Partnersuche vor den Unis herum, jetzt sind sie drin. In Massen strömen sie in die Hochschulen und kommen mit Abschluss wieder heraus. Auf dem Weg dahin haben sie häufig ihren Lebenspartner kennengelernt. Oder sie tun es später im Büro.

          Das führt dazu, dass sich Männer in ihrer Partnerwahl stetig verbessert haben, zumindest was den akademischen Grad der Ehefrau angeht. Umgekehrt hat den Frauen die Emanzipation viel gebracht – interessantere Berufe, ein höheres Einkommen, Unabhängigkeit. Nur bei der Auswahl möglicher Partner hat sich nichts getan. Wie auch? In die engere Wahl rückten damals wie heute Ärzte, Juristen, Architekten.

          Hoffnung auf gefestigte Beziehungen

          Ganz plastisch lässt sich das an einer Grafik zeigen, die das amerikanische Magazin „Bloomberg Business Week“ jüngst aus Daten von 3,5 Millionen amerikanischen Haushalten destillierte (siehe unten). Dort kann man sehen, wie sich die Berufe durch Heirat mischen – oder auch nicht mehr.

          Am einfältigsten in dieser Hinsicht sind die amerikanischen Managerinnen. Sie heiraten ausschließlich im eigenen Berufsstand. Kurz zusammen gefasst heißt das: Akademiker heiraten Akademiker und Arbeiter heiraten Arbeiter. Von Gegensätzen will niemand mehr etwas wissen. Jetzt heißt die Erfolgsformel: Gleich und gleich gesellt sich gern.

          Bild: F.A.Z.

          Das macht Hoffnung auf gefestigte Beziehungen, drohten doch durch allzu viel Unterschiede auch allerhand Verwerfungen. Soziologen und Ökonomen treibt diese Entwicklung schon seit Jahrzehnten um, denn für die gesellschaftliche Durchmischung bedeutet das nichts Gutes. Im Gegenteil: Untersuchungen belegen, dass diese Auslese unter Gleichen die Ungleichheit in der Gesellschaft verfestigt. Vor allen Dingen in den Vereinigten Staaten ist das hinreichend erforscht.

          Erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West

          Den Startschuss gab der Papst der Heiratsökonomie, der Nobelpreisträger Gary Becker, 1974 mit seiner „Theorie der Heirat“. Studie um Studie belegt seitdem die Auswirkungen auf die Gesellschaft, nur der Grad variiert. Um mindestens 18 Prozent sei die Ungleichheit zwischen den Familieneinkommen zwischen 1960 und 2005 gestiegen, ist das Ergebnis einer Studie. Eine andere geht sogar von einer Steigerung um bis zu 30 Prozent aus. Diese Entwicklung, da sind sich alle einig, ist nicht nur in Amerika zu sehen, sondern auf der ganzen Welt, überall dort, wo die Frauen zu den Bildungsaufsteigern gehören.

          Jetzt hat das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung ZEW mit einer eigenen Studie das Bild für Deutschland komplettiert. Die Forscher nutzten dabei Daten, die bis in die achtziger Jahre zurückreichen. Sie untersuchten nicht nur den Bildungsgrad der Paare und was das – theoretisch – für die Einkommen bedeutet, sondern auch, wie sich die Frauen nach ihrer Hochzeit auf dem Arbeitsmarkt verhalten.

          Dabei zeigt sich: Zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es noch erhebliche Unterschiede. Weil in Ostdeutschland besonders viele Frauen arbeiten, ist dort die Ungleichheit größer. In Westdeutschland ist die Erwerbstätigkeit niedriger, deshalb fällt auch die Ungleichheit weniger stark ins Gewicht.

          Lamento der Akademikerin über 30

          Das ändert sich gerade. Auch im Westen gehen immer weniger Frauen jahrelang zur Uni, nur um sich später ausschließlich um die Familie zu kümmern. Das bringt die Forscher zu der Annahme, dass auch hier die Ungleichheit zunehmen wird.

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