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Nach dem Brexit : Als Handelspartner verliert Großbritannien massiv an Bedeutung

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Ein Bild aus Vor-Brexit-Zeiten: In Bremerhaven warten Mercedes-Benz-Fahrzeuge auf ihre Verschiffung nach Großbritannien. Bild: dpa

Den Briten droht der Abschied aus der Reihe der zehn wichtigsten deutschen Handelspartner. Laut DIHK führt die Aufweichung von EU-Recht zur erhöhten Unsicherheit der Unternehmen hierzulande.

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          Großbritannien droht in diesem Jahr erstmals seit 1950 der Abschied aus den Top Ten der wichtigsten deutschen Handelspartner. Im ersten Halbjahr sank der Warenverkehr zwischen beiden Ländern um 2,3 Prozent auf 48,3 Milliarden Euro, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Damit liegt Großbritannien nur noch auf Rang elf, direkt hinter dem kleineren Tschechien.

          Seit dem Brexit-Entscheid 2016 verliert das Großbritannien-Geschäft an Gewicht: Damals war das Vereinigte Königreich noch der fünftwichtigste Handelspartner hinter China, Frankreich, den USA und den Niederlanden. „Der Bedeutungsverlust des Vereinigten Königreichs in der Außenhandelsstatistik ist die logische Konsequenz des Brexit“, sagte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, am Mittwoch. „Das sind vermutlich nachhaltige Effekte.“

          Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet, dass die Handelsbeziehungen weiteren Schaden nehmen könnten. „Aus Sicht der deutschen Wirtschaft ist es besorgniserregend, dass das Austrittsabkommen seit dem vollzogenen Brexit durch Großbritannien immer wieder infrage gestellt und teils auch gebrochen wird“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Die britischen Pläne zum Abweichen von EU-Regeln und Standards etwa im Datenschutz, bei Lebensmitteln oder in der Chemie erhöhen die Unsicherheit für deutsche Unternehmen im UK-Geschäft.“ Dies betreffe insbesondere den Transport- Automobil- und Chemiesektor.

          Weniger Importe, mehr Exporte

          Die Einfuhren aus Großbritannien brachen von Januar bis Juni um fast elf Prozent auf 16,1 Milliarden Euro ein. Dabei fielen etwa die Lieferungen von Nahrungs- und Futtermitteln nach Deutschland um 38,5 Prozent, die von Textilien sogar um fast 53 Prozent und die von Pharmaprodukten um knapp 47 Prozent. „Für viele kleine britische Unternehmen bedeutete der Brexit den Verlust des Zugangs zu ihrem wichtigsten Exportmarkt, dem Binnenmarkt der Europäischen Union“, sagte der Präsident der British Chamber of Commerce in Germany, Michael Schmidt. „Das erklärt, warum die deutschen Importe aus Großbritannien jetzt im freien Fall sind.“

          Viele kleine Unternehmen könnten es sich einfach nicht leisten, all die neu hinzugekommenen Zollvorschriften einzuhalten - etwa Gesundheitszeugnisse im Lebensmittelbereich. Wegen neuer Handelshürden wie zusätzlichen Zollkontrollen seit Jahresbeginn hätten zudem viele deutsche Importeure ihre Einkäufe schon auf Ende 2020 vorgezogen. Diese Nachfrage fehle nun in diesem Jahr.

          Die deutschen Exporte nach Großbritannien wuchsen dagegen im ersten Halbjahr, wenn auch nur um 2,6 Prozent auf rund 32,2 Milliarden Euro. „Viele deutsche Unternehmen sind daran gewöhnt, mit den verschiedenen Zollvorschriften auf der ganzen Welt umzugehen, da viele von ihnen schon seit Jahrzehnten in außereuropäische Länder exportieren“, sagte Schmidt dazu.

          Experten sind sich dennoch einig, dass Großbritannien ein wichtiger Handelspartner bleiben wird. So werden in dieser Statistik nur Güter erfasst, aber keine Dienstleistungen - etwa mit Finanzprodukten. „Das Vereinigte Königreich ist für Deutschland beim Handel mit Dienstleistungen viel wichtiger als etwa China, das im Güterhandel dominiert“, sagte IfW-Präsident Felbermayr.

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