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Geisterspiele und Absagen : Bundesliga und Konzerte in der Corona-Falle

Rock am Ring 2019: Dieses Jahr soll das Festival am Nürburgring vom 5.– 7. Juni stattfinden. Bild: dpa

Ausrichter von Fußballspielen und Musikveranstaltungen geraten in der Virus-Krise finanziell unter Druck. Es drohen Millionenverluste.

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          Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war mit seiner Empfehlung, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern vorerst abzusagen, schon in das Sonntagabendspiel der Fußball-Bundesliga geplatzt. Seither wird über sogenannte Geisterspiele vor leeren Rängen oder sogar Absagen diskutiert. Mehr als 13 Millionen Eintrittskarten verkaufen die Klubs der Bundesliga normalerweise in jeder Saison. Dieser Einnahmeposten könnte nun aufgrund der Corona-Krise neun Spieltage vor Schluss einen erheblichen Einbruch erleiden.

          Benjamin Fischer
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Marcus Jung
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Johannes Ritter
          Korrespondent für Politik und Wirtschaft in der Schweiz.

          Den Klubs drohen mit leeren Arenen Millionenverluste. Ähnlich brisant ist die Lage für Konzertveranstalter in Deutschland. „Die wirtschaftlichen Konsequenzen auf breiterer Ebene erfolgender Absagen von Konzert- und sonstigen Veranstaltungen wären für viele Veranstalter existentiell“, sagte Jens Michow, geschäftsführender Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), der F.A.Z.

          Das Präsidium der Deutschen Fußball Liga (DFL) beriet am Montag und kündigte an zu prüfen, ob Auszahlungszeitpunkte von zentralen Einnahmen angepasst werden müssten, „um Klubs im Fall von möglichen Liquiditätsengpässen zu entlasten“. Erst einmal wurde der bevorstehende Spieltag am Wochenende und die Nachholpartie am Mittwoch zwischen Gladbach und Köln wie üblich angesetzt. Doch die DFL geht nicht davon aus, dass die Behörden überall Zuschauer zulassen werden. Für den nächsten Montag wurde eine außerordentliche Mitgliederversammlung aller Profiklubs terminiert, um die Krise weiter zu beraten. Die Tendenz geht eher dahin, dass die Partien als sogenannte Geisterspiele in leeren Arenen stattfinden sollen. Ansonsten wären die wirtschaftlichen Auswirkungen wohl wesentlich unkalkulierbarer. Der Zeitplan der Liga bis Mai wäre nicht mehr einzuhalten. Wer würde absteigen, wer nicht, wer Meister werden und sich für die internationalen Wettbewerbe qualifizieren? Das Transfergeschäft mit Spielern käme wohl zum Erliegen. Vielen Klubs fehlte vor der nächsten Saison jegliche Planungssicherheit.

          Eventim gibt sich entspannt

          Aber auch die Geisterspiele wären ein Problem für den Wettbewerb, wenn nicht alle Gesundheitsbehörden gleich entschieden. Also zum Spiel in Nordrhein-Westfalen keine Zuschauer in die Stadien dürften, in Hessen oder Bayern doch. Käme es zu Spielen in leeren Arenen, müsste jeder Verein den finanziellen Verlust tragen. Zwar gibt es Ausfallversicherungen, doch ziehen die nur, wenn ein Spiel ganz ausfällt. Nicht, wenn es ohne Zuschauer stattfindet. Die Bundesliga ist zugleich von den Spieltagserlösen (Tickets, Gastronomie) weniger abhängig – sie machen 13 Prozent des Gesamtbudgets aus. Der größte Erlösblock kommt von der Medienvermarktung mit 37 Prozent, gefolgt vom Sponsoring (21 Prozent).

          Die Musikbranche würden großflächige Absagen wohl härter treffen. Konzerte und Tourneen gehören zu den wichtigsten Einnahmequellen für Musiker. Einer Studie der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers zufolge soll der internationale Live-Markt bis 2023 rund 25 Milliarden Dollar allein durch Ticketverkäufe generieren. Der Aufwärtstrend dürfte nun in Gefahr sein. Diverse bekannte Künstler wie die amerikanische Indie-Rock-Band The National, Slipknot oder die Pop-Sängerin Mariah Carey haben schon, vorrangig in Asien, Konzerte abgesagt. BDKV-Präsident Michow führt an, selbstverständlich „jedes Verständnis“ zu haben, dass alle erforderlichen Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Virus getroffen werden müssten. Doch hoffe der BDKV auf eine behutsame Prüfung in jedem Einzelfall.

          CTS EVENTIM

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          Der börsennotierte Ticket-Anbieter und Veranstalter CTS Eventim gibt sich entspannt. Absagen gehörten zum Tagesgeschäft, bislang hätten Veranstalter derzeit nur wenige punktuelle Verschiebungen gemeldet. „Das bewegt sich alles im normalen Rahmen und hat auch nichts mit Covid-19 zu tun“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Eventim gehört mit einem Jahresumsatz von mehr als 1,2 Milliarden Euro in 2018 und rund 250 Millionen verkauften Eintrittskarten zu einem Schwergewicht der Branche.

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