Gaspipeline-Projekt : Nabucco ist gescheitert
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Bild: F.A.Z.
Eigentlich sollte die Pipeline „Nabucco“ Erdgas aus Aserbaidschan nach Mitteleuropa bringen. Nun ist das milliardenschwere Gaspipeline-Projekt offenbar gescheitert. Das Gas soll über eine konkurrierende Röhre nach Europa fließen.
Schwerer Rückschlag für das von der EU unterstützte Nabucco-Projekt: Die geplante Pipeline wird kein Gas vom aserbaidschanischen Gaskonsortium Shah Deniz II bekommen. Das Projekt bekam vom Konsortium nicht den Zuschlag, wie der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV am Mittwoch mitteilte. Nabucco sollte von der türkisch-bulgarischen Grenze über Wien nach Europa liefern und so die Abhängigkeit von russischem Gas verringern.
Stattdessen soll Erdgas vom Shah-Deniz II-Konsortium unter der Führung von BP durch die Trans-Adria-Pipeline (TAP) nach Westeuropa geliefert werden. Die Route der Pipeline soll von der Türkei kommend durch Griechenland und Albanien nach Italien verlaufen. Die Trans-Adria-Pipeline ist mit ihren 500 Kilometern deutlich kürzer als Nabucco mit über 1300 Kilometern.
Joschka Fischer hatte Nabucco beraten
Der Wettstreit war in ganz Europa aufmerksam verfolgt worden: Mit dem Gas aus Aserbaidschan will sich der Kontinent unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen. Der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer hatte das Projekt Nabucco nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt als Berater unterstützt. Er sollte für die Energiekonzerne RWE und OMV die Türen in den vielen Ländern öffnen, deren Mitwirkung erforderlich gewesen wären, damit die Pipeline hätte gebaut und gefüllt werden können.
Russischen Medien zufolge hatten sich Vertreter des Gaskonsortiums am Dienstag in der aserbaidschanischen Botschaft in Budapest mit Vertretern von TAP und Nabucco getroffen. Dabei seien dem TAP-Direktor Kjetil Tungland und dem Geschäftsführer der Nabucco-Pipeline Reinhard Mitschek die Entscheidung der Kaukasus-Republik mitgeteilt worden.
Das nahezu sichere Aus für Nabucco ist ein Schlag für die OMV, die die Pläne über Jahre vorangetrieben hat und nun in die Röhre schaut. Offiziell will das Gas-Förderkonsortium die Entscheidung über den Gewinner des jahrelangen Wettlaufs am Freitag bekanntgeben. TAP wollte sich zu der Mitteilung der OMV nicht äußern.
Auch die EU hatte sich anfänglich für Nabucco eingesetzt - dann aber erklärt, sie habe keine besondere Präferenz für eine der beiden Röhren. Nun begrüßte die EU die Entscheidung zugunsten von TAP sogar: „Das bedeutet mehr Liquidität und Versorgungssicherheit“, erklärte die EU-Kommission.
Neben den Österreichern OMV waren die bulgarische BEH, die türkische Botas, die rumänische Transgaz sowie die ungarische MOL-Tochter FGSZ an dem milliardenschweren Projekt beteiligt. Auch die französische GDF Suez hatte Interesse angemeldet, während die deutsche RWE bereits ausgestiegen war. Die nach einer Verdi-Oper benannte Röhre sollte über den Balkan bis nach Österreich reichen. Am Konkurrenzprojekt TAP sind neben dem deutschen Energiekonzern E.ON die Schweizer Axpo und die norwegische Statoil beteiligt.
Getroffen wird die Entscheidung von einem Konsortium jener Firmen, die das riesige Gasfeld Shah Deniz II im Kaspischen Meer ausbeuten. Dazu gehören der britische Energiekonzern BP, die norwegische Statoil sowie der aserbaidschanische Staatskonzern Socar. Sie hatten ihre Entscheidung auch davon abhängig gemacht, in welchen Märkten die höchsten Gaspreise erzielbar sind.
OMV: Haben bislang 50 Millionen Euro in Nabucco investiert
Die OMV, die Nabucco West federführend mitplante, lässt nun noch offen, wie es mit dem Projekt weitergehen soll. Gas aus dem aserbaidschanischen Vorkommen war für die Wirtschaftlichkeit des Projektes zentral. OMV hat bislang rund 50 Millionen Euro in das Pipelineprojekt Nabucco investiert. Dies seien die bisher angefallenen Planungskosten, sagte OMV-Chef Gerhard Roiss am Mittwoch. Sie seien jedoch für den Konzern nicht verloren und könnten für andere Pipeline-Projekte herangezogen werden. Daher sei auch keine Abschreibung nötig. Der Bau von Nabucco West hätte laut Roiss zwischen 3,5 und vier Milliarden Euro gekostet.
In dem Gasfeld „Shah Deniz II“ unter dem Kaspischen Meer sind riesige Erdgasvorkommen entdeckt worden. Gefördert werden könnten Schätzungen zufolge jährlich bis zu 20 Milliarden Kubikmeter.