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Frankreichs „Berateraffäre“ : McKinsey wird zum Fall für die Justiz

Und das so kurz vor der Wahl: Emmanuel Macrons Regierung gerät in der „Berateraffäre“ zunehmend unter Druck. Bild: Reuters

Die Diskussion um die gestiegenen Beraterhonorare der französischen Regierung zieht immer weitere Kreise – und kommt für Präsident Macron kurz vor der Wahl zur Unzeit.

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          Die französische Regierung von Präsident Emmanuel Macron gerät wegen ihrer Zusammenarbeit mit externen Beratungsunternehmen immer stärker in die Defensive, und das ausgerechnet kurz vor der ersten Runde zur Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag. Am Mittwoch teilte die französische Finanzstaatsanwaltschaft mit, eine Voruntersuchung wegen des Verdachts auf Steuerbetrug eingeleitet zu haben. Das amerikanische Beratungsunternehmen McKinsey wird in der Mitteilung nicht namentlich erwähnt. Doch der Wortlaut lässt darauf schließen, dass die Untersuchung ihm gilt.

          Niklas Záboji
          Wirtschaftskorrespondent in Paris

          Durch die Ankündigung der Staatsanwaltschaft erhält die politische Debatte um die Rolle von Beratern eine juristische Schlagseite. Die Debatte hat ihren Ur­sprung in einem Kommissionsbericht des französischen Senats unter Führung der oppositionellen Republikaner. Darin wurde der starke Anstieg der Berater­honorare in der Amtszeit von Macron kritisiert. Auch bemängelten die Senatoren „intransparente Ausschreibungsverfahren“ und die Nähe der Berater zu sensiblen Informationen.

          Zudem kamen die Senatoren zu dem Schluss, dass McKinsey in den Jahren von 2011 bis 2020 keine Körperschaftsteuer in Frankreich bezahlt habe. Das Unternehmen wehrte sich und betonte, dass die französische Tochtergesellschaft Or­phoz in dem betreffenden Zeitraum sehr wohl zumindest sechs Jahre lang Körperschaftsteuer und alle McKinsey-Einheiten in Frankreich zusammen mehr als 422 Millionen Euro an Steuern und So­zialabgaben gezahlt hätten, was fast 20 Pro­zent des Umsatzes entspreche.

          „Veräppelung“

          Das heizte die Debatte jedoch nur weiter an. Arnaud Bazin, unter dessen Führung der Senatsbericht erstellt worden war, nannte den Verweis auf die McKinsey-Tochtergesellschaft ohne weitere An­gabe von Gewinn- und Umsatzzahlen eine „Veräppelung“. Der Senat beschuldigt überdies den McKinsey-Direktor für öffentliche Dienstleistungen, Karim Tadjeddine, unter Eid falsch ausgesagt zu haben, indem er schwor, dass sein Unternehmen körperschaftsteuerpflichtig sei, und leitete rechtliche Schritte ein.

          Für Macron kommt die Debatte zur Unzeit. „Wenn es Beweise für Manipulation gibt, soll es strafrechtlich verfolgt werden“, sagte er. Macron rechtfertigte die Beraterhonorare ansonsten aber un­ter anderem damit, dass es bei einmaligen Aufträgen günstiger sei, einen Externen zu beauftragen, als einen Beamten einzustellen. Angesprochen auf die Ermittlungen der Finanzanwaltschaft nannte es Macron am Mittwochabend im französischen Fernsehen „sehr gut“, dass die Betrugsvorwürfe durch unabhängige Juristen überprüft würden.

          Steilvorlage für Opposition

          Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ergänzte am Donnerstag, dass die Steuerbehörden seit mehreren Monaten die Bücher von McKinsey durchforsteten. Die Prüfung sei im vergangenen November eingeleitet worden, also lange vor der Veröffentlichung des Senatsberichts. „Ich weiß nicht, ob (McKinsey) keine Steuern zahlt“, sagte Le Maire und versprach, dass das Unternehmen nach Abschluss der Prüfung „alles“ zahlen werde, was es dem französischen Staat an Steuern schulde.

          Für die Opposition ist es ei­ne Steilvorlage, dass einige McKinsey-Berater 2017 persönlich an Macrons Präsidentschaftskampagne teilgenommen ha­ben. „Die gesamte Politik von Emmanuel Macron entspricht den weltweiten Empfehlungen von McKinsey: Schwächung des Sozialschutzes und des Staatsapparats in Form einer schrittweisen Privatisierung“, sagte die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen.

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