Flugchaos : Nur jeder vierte Lufthansa-Flieger hebt in Frankfurt pünktlich ab
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Später Flieger: Ein Lufthansa-Jet vor dem Mond. Bild: dpa
Die Lufthansa rechnet nach F.A.Z.-Informationen intern vor, dass vor allem der Verkehr in Deutschland für Verspätungen sorgt. Sogar die Bahn schlägt sich besser. Wie lange geht das so weiter?
Präsentabel sind die Pünktlichkeitswerte des Lufthansa-Konzerns während des aktuellen Flugchaos wahrlich nicht. Gerade mal 41,2 Prozent der Flüge sollen in der vergangenen Woche pünktlich – das heißt mit höchstens 15 Minuten Verzögerung – gestartet sein. Das geht aus einem internen Dokument des Konzerns hervor, das der F.A.Z. vorliegt. Das Pünktlichkeitsziel von 85 Prozent wurde klar verfehlt. Sogar die viel kritisierte Deutsche Bahn scheint besser: Die hatte zuletzt für den Monat Mai bekannt gegeben, dass 62,7 Prozent ihrer Fernzüge innerhalb einer Fünf-Minuten-Toleranz fuhren.
Auf der Suche nach den Gründen kommt Lufthansa zu der Erkenntnis, dass es die deutschen Drehkreuze – besonders Frankfurt – seien, die die Bilanz verderben. An der Heimatbasis der Deutschen Lufthansa sollen es nur 26 Prozent der Flüge in der vergangenen Woche pünktlich zum Abheben gebracht haben. Nur 91 Prozent der Flüge seien überhaupt gestartet. Die Tochtergesellschaft Austrian Airlines schaffte dagegen an ihrem Heimatstützpunkt in Wien eine Quote von 56 Prozent – ebenfalls weit unter dem Zielwert, aber doch besser.
„Massive Unterbesetzung“
„Besonders herausfordernd ist die Situation in Frankfurt“, erklärt der für den Flugbetrieb zuständige Konzernvorstand Detlef Kayser in den internen Dokument. „Am bedeutendsten Lufthansa Group Hub wirken sich Schwachstellen aufgrund der Größe und Komplexität des Flughafens besonders gravierend aus.“ Im Vergleich zu den anderen Konzerndrehkreuzen sei „eine massive Unterbesetzung bei den Dienstleistern der Bodenverkehrsdienste“ festzustellen.
Andere zentrale Flughäfen im Konzernnetz haben dem Dokument zufolge höhere Pünktlichkeitswerte als die Lufthansa in Frankfurt mit dem Wert von 26 Prozent. Die Tochtergesellschaft Marke Swiss habe bei Starts in Zürich 47,3 Prozent erreicht, die Kernmarke Lufthansa in München noch 40,3 Prozent, für die Zweitmarke Eurowings, die stark in Düsseldorf präsent ist, wird ein Wert von 37,1 Prozent genannt.
Krankmeldungen wegen Corona und Überlastung
In Frankfurt wirke sich aus, dass die Abflugtafel vier Hochlastwellen am Tag ausweise, die ausgeprägter seien als an anderen Flughäfen. „So können Verspätungen, die sich über den Tag aufbauen, schwieriger abgefangen werden“, erklärt Kayser. Dazu komme noch eine „außergewöhnlich hohe Krankenquote mit aktuell mehr als 30 Prozent“ in Frankfurt. Krankheitsgründe seien Corona-Infektionen und Überlastung.
„An der Station“, lautet ein wichtiger Zusatz. Es dürfte nämlich um den Krankstand bei Lufthansa selbst gehen, der auch zu kurzfristigen Flugabsagen führt. Der Flughafenbetreiber Fraport meldet zwar ebenfalls eine erhöhte Zahl der Krankmeldungen, ausgefallen seien 15 Prozent der Mitarbeiter.
Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport ist selbst nicht zufrieden, wie der Betrieb unter Personalengpässen aktuell läuft. Der Vorstandsvorsitzende Stefan Schulte bat auf einer Veranstaltung am Dienstagabend Passagiere um Entschuldigung dafür. Allerdings weist er zurück, dass es eine desaströse Entwicklung gebe. „Ein Chaos, in den der Betrieb beinahe zusammenbricht, haben wir verhindern können“, sagte Schulte. „Die Sicherheitskontrollen funktionieren in Frankfurt bislang gut, während das an anderen Flughäfen gar nicht so war.“