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Feuerwehr in Bangkok : Rot leuchtende Zeichen der Bestechung

Leuchtend rot, doch nutzlos: Feuerwehrwagen in Bangkok Bild: Christoph Hein

Seit Jahren rosten in Bangkok 128 Wagen der Feuerwehr. Eingesetzt werden sie wohl nie. Nun wird vertuscht, verurteilt und geflohen.

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          In Reih und Glied stehen sie aufgereiht, als warteten sie nur darauf, zum Einsatz gerufen zu werden. Ein Meer roter Lastwagen, gebaut, um Menschen zu helfen. 128 Feuerwehrwagen parken in Thailands Vorzeigehafen Laem Chabang auf einem eingezäunten Platz. Die Continental-Reifen sind aufgepumpt. Doch Ausrücken werden die Löschzüge wohl nie: Denn vor 11 Jahren wurden die Laster in den Dornröschenschlaf versetzt. Und nun parken sie auf dem staatlichen Gelände, von wo aus bald 3 Millionen Personenwagen von Ford, Volkswagen oder Toyota nach Europa oder ins restliche Asien verschifft werden sollen. Ihr Einsatz ist abgesagt, bevor er begonnen hat. Wohl für immer.

          Christoph Hein
          Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

          Tropensonne und Monsunregen haben den roten Lack längst erblinden lassen, das schwarze Plastik der Stoßfänger wird brüchig. Und doch sind die Schubfächer der voll ausgerüsteten Rettungsfahrzeuge verplombt. Im Fenster der Führerhäuser hängen noch die Lieferzettel: „P-05-00329“. Vom österreichischen Hersteller Steyr stammen sie, gekauft haben die Thailänder die Feuerwehrwagen für die Millionen-Metropole Bangkok. Die haben sie nie erreicht. Mit der Endstation im Hafen werden die Laster zum Symbol für einen immerwährenden Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft im Königreich. Zu einem Symbol für ausländische Unternehmen, die davon profitieren. Und für einen Staat, in dem viele den Putsch der Generäle als Befreiung betrachten, weil das Militär „wenigstens für Ordnung sorgt“.

          Keine Lösung in Sicht

          Insgesamt 315 Feuerwehrfahrzeuge und 30 Boote hatte der damalige Gouverneur der Stadt Bangkok zum extrem überzogenen Preis von umgerechnet rund 157 Millionen Euro bei Steyr bestellt. Seitdem wird vertuscht, abgewiegelt, ermittelt, verurteilt, geflohen. Gouverneur Samak Sundaravej, der den Auftrag einst unterzeichnete, ist inzwischen verstorben. Im Mai verurteilte ein Gericht seine Witwe und seine beiden Töchter, 600 Millionen Baht (14,3 Millionen Euro) aus dem Erbe an die Stadt zurückzuzahlen. Der damalige stellvertretende Innenminister Pracha Maleenont und Athilak Tanchukiat, seinerzeit Feuerwehrchef in Bangkok, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt, haben sich aber ins Ausland abgesetzt. Später musste Bangkoks Gouverneur Apirak Kosayodhin seinen Hut nehmen. Hersteller Steyr-Daimler-Puch gehört längst zum amerikanischen Unternehmen General Dynamics und hat sein Büro in Bangkok 2008 geschlossen. Und selbst auf Wikileaks tauchte die Affäre im abgehörten Verkehr von Diplomaten auf. Die dringend benötigten Löschfahrzeuge aber kamen nie zum Einsatz: Denn die wechselnden Regierungen fürchteten, dass sie damit einen überzogenen Preis anerkennen würden, das Verfahren als abgeschlossen gelte. Zwischenzeitlich bot General Dynamics einen rückwirkenden Preisnachlass von 10 Prozent. Die Thais aber wollen den gesamten Kauf streichen, ihr Geld erstattet bekommen. Die Österreicher hatten bei der Auftragsvergabe noch gejubelt: „Mit diesem Vertrag konnten die Geschäftsbeziehungen zwischen der thailändischen Regierung und Steyr SSF weiter vertieft werden.“ Es handele sich um eine Bestellung „mit mehrheitlich österreichischer Wertschöpfung“, die einen „wesentlichen Erfolg für die involvierte österreichische Industrie“ darstelle. Inzwischen klagen die Thais, die Kosten allein für Einfuhr und Parken der Fahrzeuge, von denen niemand weiß, ob ihr Motor jemals gezündet wird, habe sich auf inzwischen rund 60 Millionen Euro summiert. Die Stahlteile der Pumpen auf den Feuerwehrautos sind mit Flugrost überzogen.

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