
Innovation : Facebook verpasst den Anschluss
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Mark Zuckerberg während einer Anhörung in Washington im Oktober 2019 Bild: Reuters
Nicht einmal der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg schafft es zuverlässig, sein Unternehmen zu modernisieren. Was sollen dann die Deutschen tun?
Wahrscheinlich nennen wir das Unternehmen am besten wieder Facebook. Dabei ist es gerade mal 18 Monate her, dass Mark Zuckerberg seinen Konzern umbenannt hat, nämlich in „Meta“, weil er allen zeigen wollte, dass sich das Unternehmen in Zukunft vollständig auf das Metaverse ausrichtet.
Damals, im Herbst 2021, mitten in der Corona-Pandemie, schien das wie eine sinnvolle Idee. Vielleicht ist es das sogar noch heute. Das Metaverse, ein Raum für virtuelle Zusammenkünfte mit Avataren, entwickelt sich allmählich weiter. Die Technik dahinter auch. Manches Unternehmen experimentiert schon mit dem sinnvollen Einsatz – und doch: Es dauert halt eine Weile.
Als das Unternehmen in den vergangenen Monaten Tausende Stellen abgebaut hat, traf das überproportional die Metaverse-Abteilungen. Im Stillen hat sich Facebook schon lange zurückbesonnen auf seine sozialen Medien: Facebook, Instagram, Whatsapp.
Nun versteht man auch Mark Zuckerberg, dass er diesem Geschäft entfliehen will. Soziale Netze sind nicht so ein stabiles Monopol, wie man einst gedacht hat, sondern die Konkurrenz ist groß. Ein neues Netzwerk zu gründen, ist leicht. Also bildet sich ständig irgendwo ein neues, ständig kommt ein anderer Angreifer um die Ecke. Wer einmal nicht aufpasst, kann schnell enorme Probleme kriegen, wie Zuckerberg nur 50 Kilometer weiter in San Francisco sehen kann, nämlich bei Twitter.
Und dann gibt es nicht nur Probleme mit der Konkurrenz. Wer ein soziales Netzwerk betreibt, muss sich dauernd mit verärgerten Eltern auseinandersetzen und steht pausenlos im öffentlichen Streit darum, welche Äußerungen gesperrt werden sollen und welche nicht. Kein besonders gemütliches Geschäft, alles in allem.
Das Innovatoren-Dilemma verschont keinen
Aber es ist halt auch nicht so leicht, sich komplett neu zu erfinden. Meta spürt das gerade schmerzlich. Der Konzern hat ein Viertel seines Gewinns verloren, und das nächste heiße Ding, über das alle reden und das man jetzt gut verkaufen kann, das ist eben doch nicht das Metaverse. Stattdessen steht plötzlich die Künstliche Intelligenz in den Verkaufsgesprächen ganz vorne, und von deren großem Erfolg sind selbst die Entwickler überrascht worden. Facebook ist so weit hinten dran, dass es nicht mal mehr seine Modelle geheim halten will. Stattdessen legt der Konzern es jetzt gegenüber Wissenschaftlern offen und hofft, so wieder in eine Führungsrolle zu kommen.
Das alte Innovatoren-Dilemma verschont nicht mal die jungen Internet-Konzerne. Es geht so: Eigentlich müsste man sich auf die neue Technik werfen, mit voller Kraft. Doch der Erfolg des Neuen ist unsicher, und er hängt nicht nur vom eigenen Engagement ab. Dafür kann man kein altes, funktionierendes Geschäftsmodell vernachlässigen. Die neue Technik kommt oft von jungen Firmen, die nichts zu verlieren haben (und von denen auch viele auf dem Weg scheitern, dann allerdings zu relativ kleinen Kosten).
Deutschland muss sich mehr um Start-ups kümmern
Die neuen Ansätze zu fördern und das alte Geschäft nicht zu früh zu ignorieren, das fällt nicht leicht. Auch Google findet sich in der Künstlichen Intelligenz nicht an der Spitze des Fortschritts wieder, da steht nicht mal ein chinesisches Unternehmen. Ganz vorne steht stattdessen im Moment eine bemerkenswerte Kombination: ein junges Start-up, nämlich Open AI, in Zusammenarbeit mit einem alten Unternehmen, nämlich Microsoft – einem Unternehmen, das zwischenzeitlich schon so weit abgehängt schien, dass es seine alten Glaubenssätze getrost über Bord werfen konnte.
Und was lernen wir jetzt daraus, außer dass Innovation schwierig ist? Deutschland verlässt sich traditionell sehr darauf, dass die alten Großkonzerne sich schon auf die neue Technik einstellen können. Das haben sie jahrzehntelang bemerkenswert gut geschafft, und doch sind zu viele neue Entwicklungen wirtschaftlich an den Deutschen vorbeigegangen, selbst wenn die Technik in Deutschland erfunden worden war.
Aber wenn es auch die Helden des Silicon Valley nicht hinkriegen, mittelalte Unternehmen zuverlässig zu modernisieren – vielleicht sollte Deutschland dann weniger über den Schutz der alten Firmen reden. Und mehr darüber, wo neue herkommen.