F.A.S. exklusiv : Schäuble: Finanzminister muss kein Fachmann sein
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Acht Jahre lang war Wolfgang Schäuble Finanzminister. Im Interview mit der F.A.S. spricht er nun über die Motive für seinen Rückzug – und definiert die Anforderungen an seinen Nachfolger.
Der scheidende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen einen Haushaltsexperten als Finanzminister ausgesprochen. „Er muss politisch führen können“, sagte Schäuble im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) über die Anforderungen an den Ressortchef. „Der größte Fachmann muss er nicht sein. Darin liegt sogar eine Gefahr, weil er dann auf seine Berater nicht mehr hört“, fügte Schäuble hinzu, der am Dienstag nach acht Jahren als Finanzminister ins Amt des Bundestagspräsidenten wechseln will. Um seine Nachfolge ist ein heftiger Streit zwischen den Partnern einer künftigen Jamaika-Koalition entbrannt.
„Natürlich müssen Sie versuchen, die Dinge zu verstehen“, sagte der Minister weiter. „Aber Sie müssen es auch kommunizieren können. Sonst erfüllt ein Politiker seine Aufgabe nicht.“ Als weitere Voraussetzungen nannte Schäuble politische Fortune, kritische Distanz zu Interessenvertretern und die Beherrschung der Grundrechenarten. „Es hilft, wenn man Zahlen groß überschlagen kann: Geht das überhaupt auf, was da jetzt vorgeschlagen wird?“
Anerkennend äußerte sich Schäuble über den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner, der als möglicher Anwärter auf seine Nachfolge gilt. Er habe „großen Respekt vor Lindners Leistung in den vier schwierigen Jahren, die seine FDP hinter sich hat“. Als „Zerrbild“ wies er jedoch Lindners Vorwurf zurück, ein CDU-Finanzminister sei lediglich ein „leitender und leidender Beamter“ am Gängelband der Kanzlerin. Gerade weil er nicht bequem sei, habe sich Merkel 2009 für ihn entschieden. „Es sollte nicht der Eindruck entstehen, sie wolle über das Finanzministerium selbst verfügen.“
Auch zu seinen Motiven für den Rückzug vom Amt des Finanzministers äußerte er sich: „Acht Jahre als Finanzminister sind genug.“ Als zweiten Grund führte der Minister den Umstand an, dass er gerade 75 Jahre alt geworden ist: „Ich kenne auch mein Lebensalter.“ Deshalb habe er sich „entschieden, jetzt eine andere Aufgabe anzunehmen“.
In dem Interview zog Schäuble eine positive Bilanz seiner Ministerzeit, die hauptsächlich von der Euro-Krise geprägt war. „Alles in allem haben wir es gut hinbekommen“, sagte er. „Griechenland ist noch nicht über den Berg, aber auf einem guten Weg. Die anderen Krisenländer sowieso.“ Die düsteren Prognosen der Kritiker hätten sich nicht bewahrheitet. Seine Forderung nach einem Euro-Austritt Athens wollte der scheidende Minister in dem Gespräch nicht erneuern. Griechenland habe die Chance, sich bald wieder an den Märkten zu finanzieren. „Deshalb hilft eine Debatte, ob der Grexit besser gewesen wäre, heute überhaupt nichts mehr.“
Zugleich warnte Schäuble vor neuen Risiken durch die Geldschwemme auf den Finanzmärkten. „Dass wir bei Aktien oder Immobilien aufgrund der hohen Liquidität, bedingt durch die lockere Geldpolitik, gewisse Inflationstendenzen haben – das ist offensichtlich“, sagte er. Auf die Frage, ob die Euro-Krise endgültig vorbei sei, antwortete er deshalb nur: „Hoffentlich."